Full text: Vorlesungen über Wirkung und Anwendung der deutschen Arzneipflanzen

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wurden, würde ich Ihnen nicht genannt haben, wenn ich nicht auf eine ganz 
besondere Gebrauchsweise ‚derselben gestoßen wäre: In einzelnen Gegenden 
unseres Vaterlandes wird eine konzentrierte Abkochung von getrockneten 
Blüten der Gartenreseda als, angeblich verläßliches, Mittel zur Abtreibung 
des Bandwurmes getrunken. Um welche Spezies des Enteroparasiten es sich 
dabei handelt, habe ich nicht herausbekommen können. Wenn die Abkochung 
getrunken ist, soll ein Abführmittel hinterher gegeben werden. 
* * 
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Viola tricolor (Stiefmütterchen) — Viola odorata (Veilchen) 
Aus der Familie der Veilehengewüchse ist das Ackerstiefmütterchen, 
Viola tricolor, offizinell, das Wohlriechende Veilchen, Viola odorata, 
nur bei den Anhüngern der Naturheilkunde im Gebrauch. Das Ackerstief- 
mütterchen wechselt in seiner Färbung nach Standort und Gegend sehr. Sie 
können es weiß, gelb, blau, selbst tief veilchenblau finden. In einzelnen Ge- 
genden herrschen nur einfarbige, in anderen wieder die dreifarbigen Exem- 
plare vor. Im Korn und nachher auf der Stoppel, auf Kartoffeláckern und 
Triften finden Sie die zierliche, kleine Pflanze vom Mai bis in den Winter hinein 
blühend. 
Das getrocknete Kraut des wilden Stiefmütterchens, früher als Herba 
Jaceae offizinell, enthàlt auBer anderen, noch unerforschten Bestandteilen, 
auch Methylsalizyls&ure. Es ist, trotzdem es heute fast ganz in Vergessen- 
heit geraten, doch für den Arzt sehr beachtenswert wegen seiner auffälligen 
Wirkung bei gewissen chronischen Hautleiden, Sie kónnen dieselbe bei Ge- 
legenheit einmal erproben mit Hilfe des getrockneteen Krautes, das Sie als 
Tee längere Zeit hindurch, morgens und abends eine Tasse voll, trinken lassen 
oder aber besser unter Anwendung der aus dem frischen Kraut bereiteten, 
alkoholischen Tinktur. 
Es ist sicher von Bedeutung, daß der längere Gebrauch einer solchen Tinktur 
bei ganz gesunden Individuen zu frieselartigem Ausschlag über den ganzen 
Körper, sogar zum Ausbruch impetiginösen und borkigen Ekzems führen kann, 
letzteres besonders im Gesicht und an den Ohren. Gleichzeitig entwickelt sich 
starker Harndrang mit, in der Regel, vermehrter Diurese und brennendem 
Gefühl in der Urethra. Der Harn selbst nimmt nach der Aufnahme des Prä- 
parates einen sehr üblen Geruch an, er erinnert an den des Katzenharns. 
Der Gebrauch des Ackerstiefmütterchens gegen chronisches Ekzem, be- 
sonders gegen Eczema Faciei, ist alt, heute aber mit Unrecht ganz vergessen. 
Es mag wohl sein, daß hier und da noch einmal ein Arzt den Stiefmütterchentee 
als „blutreinigendes‘‘ Mittel von einer, durch Akne im Gesicht verunzierten, 
Schönen trinken läßt. Das ist aber auch alles. Ich freue mich, in der Lage zu 
sein, Ihnen, aus eigener Erfahrung heraus, einen kleinen Beitrag zur Bestätigung 
der Arzneikraft der Viola tricolor bringen zu können, vielleicht geeignet, Sie 
zu einem weiteren, gelegentlichen Versuche zu veranlassen. 
Der erste Fall, den ich mit dem Ackerstiefmütterchen behandeln konnte, 
betraf ein Kind von etwa 6 Jahren. Es hatte sich bei ihm an dem einen Nasen- 
winkel eine Rhagade ausgebildet, die ziemlich tief ging und trotz aller mög- 
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