Sehr eingehende Untersuchungen über das Verhalten des gesunden Menschen
unter dem Einflusse mittlerer Opiumgaben haben wir auch wieder Schroff zu geis
verdanken. Ich will Ihnen das, was er darüber sagt, mit seinen eigenen Worten sich
bringen: |
„Die Wirkung des Opiums in Substanz fiel verschieden aus, einmal nach ling
Verschiedenheit der Individualität, dann aber auch je nachdem der Experimen- des
tator ungestört und etwa in liegender Stellung die Wirkung abwartete oder gen
seinen, rege gehaltenen, Willen die Einwirkung in ihrer freien Entwicklung stôren Bew
ließ. So empfand ein, für Narkotika empfängliches, Individuum nach 15 Zenti- übe:
gramm Opium sogleich Einschlafen der unteren Extremitäten, ein Gefühl von gun
Schwere im ganzen Körper, und starkes Ohrensausen. Die Augen glänzten, die beg;
Pupille war erweitert, das Sehen getrübt, das Gehör auffallend vermindert. die
Es nahm die liegende Stellung ein, schloß die Augenlider und gab nach einer schl
halben Stunde kaum mehr Antwort auf die gestellten Fragen. Nach 40 Minuten übe:
folgte, selbst auf stärkere Reize, wie Kitzeln, keine Reaktion mehr, die unbequeme >
Stellung wurde beibehalten, Physiognomie vollkommen ausdruckslos, Augen- vidı
lider fest geschlossen, Temperatur der Hände bedeutend erhöht, der Puls sank dari
von 82 bis auf 65 Schläge. Diese tiefe Narkose war nach 65 Minuten wie mit Ext
einem Schlage plötzlich vorüber, das vollkommene Bewußtsein kehrte sogleich E
zurück. Aufer einiger Mattigkeit und Ohrensausen mit verminderter Puls- eine
frequenz waren keine anderweitigen Erscheinungen vorhanden. schl
Bei einem anderen Experimentator, der 22 Zentigramm Opium, in eine bliel
Oblate eingehüllt, genommen hatte, entstand in der ersten halben Stunde plôtzlich keit
ein Gefühl von innerlicher Hitze mit Rôtung des Gesichts, Injektion der Binde- Ext
haut des Augapfels, tiefe, bald darauf sehr beschleunigte, Respiration (36 in der
Minute), Verengerung der Pupille, Kopfschmerz im Hinterhaupt, bedeutende kon:
Trägheit und Schläfrigkeit. Der Puls stieg von 78 bis auf 100 Schläge in den Sch
ersten 20 Minuten, worauf er zwischen 96 und 90 schwankte, in liegender Stellung Ver:
bis auf 74 herabging. Im gleichen Verhältnis stieg die Temperatur in der Mund- Fall
höhle von 37,05 auf 37,07, nach 3 Stunden sank sie auf 37,00. — Das Gefühl einer -
plötzlich auftretenden, angenehmen, bedeutenden Wärme wiederholt sich, Ge- kur:
fühl von Prickeln in den Füßen, subjektive Lichtempfindungen. Anfangs er- Ver|
scheinen bloß karminrote, später schön blaue und violette Farbenbilder, die sich wen
in unregelmäßig gezackte Scheiben verwandeln, welche innen blau und außen gese
grün sind. — Zuerst Ohrensausen, spáter eine solche Steigerung des Gehórsinnes, 4
daB das Tiktak einer Taschenuhr in einer Entfernung von mehr als neun Fuß Stel
deutlich gehórt wurde. — Gang schwankend, ungemeine Müdigkeit und Schläfrig- von
keit, ohne daB es zum wirklichen Schlaf kommt. Ein an Sopor grenzender Zu- steil
stand wechselt mit vollkommen klarem Bewußtsein, wobei die Gesichtszüge beh:
gänzlich ausdruckslos bleiben, mehrmals, bis der Sopor nach 214 Stunden die anh
Oberhand gewinnt und der Experimentator, auf dem Fußboden platt liegend, wir}
in tiefem Schlummer Töne von sich gibt, als ob er singen wollte. Auf starke An- Per:
sprache gibt er noch karg und verspätet Antwort und bewegt sich mit großer | der
Trägheit und Langsamkeit, dabei ist die Physiognomie vollkommen ausdruckslos, gek:
der Blick stier. Nach drei Stunden tritt totale Bewegungslosigkeit mit der Un- reag
möglichkeit, auf die gestellten Fragen zu antworten, ein, doch dauert dieser Zu- Hys
stand nur eine halbe Stunde, worauf das Bewußtsein nach außen bemerkbar Nat
zurückkehrt und der Experimentator bald wieder die Fähigkeit gewinnt, sich e
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