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Denken und Tun, alle Sorge und alle Freude, alles
Dasein und das ganze Leben meiner Heimat ist Wein.
Der Flecken Winningen gehôrte früher einmal dem
Grafen von Sponheim, und wir waren die sogenannte
hintere Grafschaft. Im Jahre 1657, glaube ich, wurde
die hintere Grafschaft Sponheim evangelisch, und also
auch Winningen. Inmitten einer rein katholischen
Bevölkerung leben zu müssen, war für die Winninger
nicht einfach, und sie sind vielleicht dieserhalb immer
etwas bockbeinig gegen die Katholischen gewesen.
Im Jahre 1852 hatte Winningen 50 Katholiken.
Und übrigens niemals einen Juden. Es war merk-
würdig, dass es niemals einem Juden gelang, in
meinem Heimatsort Fuss zu fassen, indessen ringsum-
her in der Nachbarschaft Juden sich sesshaft gemacht
hatten.
Die Winninger lebten überhaupt sehr einsam und
völlig für sich. Sie heirateten sogar nur untereinander,
und das mag für ihre Nachkommenschaft nicht
immer gut gewesen sein. Ausserdem durften nur
evangelische Paare heiraten, darauf wurde streng ge-
achtet. War aber doch einmal ein verwegener und
verliebter Winninger Bursche tollkühn genug, ein
katholisches Mädchen zu heiraten, dann musste er sich
darauf gefasst machen, dass sein Dasein in Winningen
künftighin etwas unangenehm verlaufen würde: er
hatte mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen, und
sein Ansehen unter den Bürgern des Ortes war weniger
als gering. Gelang es überdies dem katholischen Teil
dieser Ehe, den anderen zum Uebertritt in die katho-
lische Kirche zu bewegen, was bisweilen vorkam,
dann konnte dieses Ehepaar nicht mehr in Winningen
bleiben.