Mein Vater hatte einen Gesellen, einen sehr
tüchtigen Mann, der katholisch war. Jedermann
im Ort hatte ihn gern, weil er aussergewöhnlich
tüchtig war, und dass er den katholischen Glauben
trug, sah man ihm stillschweigend nach. Der Mann,
ermutigt durch seine Beliebtheit, machte sich bald
selbständig, richtete sich eine Werkstatt ein, und die
Winninger erhielten ihm nach wie vor ihre Zuneigung
und ihre Aufträge. Dann heiratete er ein evangeli-
sches Mädchen. Und siehe, auch das schadete seinem
Ansehen zunächst nichts... bis zu jenem Tage, an dem
der katholische Schmied seine Frau überredete, sich
katholisch taufen zu lassen. Es ereignete sich nichts
Lautes und Lärmendes, aber was geschah, genügte,
um den Mann zu ruinieren: sämtliche Bauern des
Ortes, die bei ihm arbeiten liessen, gingen geschlossen
wie ein Mann in seine Werkstatt und zogen mit
wenigen, völlig ruhigen Worten sämtliche Aufträge
zurück. Der Schmied musste mit seiner Frau Win-
ningen verlassen, wenn er nicht verhungern wollte.
An viele solche Dinge musste ich denken, als ich
damals den Rhein entlang wanderte. Winningen . ..
diese unendlich fleissigen und geduldigen Menschen,
die es niemals erlauben, dass es auch nur einen ein-
zigen schlecht gepflegten Weinberg in ihrer Gemar-
kung gibt, und die ihren Stolz darein setzen, auf ihren
wenigen ÁAeckern so gut entwickelte Früchte hervor-
zubringen, wie man sie im deutschen Lande wonl
kaum wieder findet.
Dieser Klang meiner Heimatsprache, den ich bis zu
meiner letzten Stunde im Herzen und auf der Zunge
trage: dieser etwas harte und breite Klang, der nichts
mit der singenden Tonart der Rheinlinder zu tun
hat, und der sicherlich durch unsere jahrhundert-
IO
Vio