Full text: Lateinische Paläographie (Band 1, Abtlg. 1)

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Zweiter Hauptabschnitt: Entwickelung der lateinischen Schrift. Erstes Kap.: Einleitung. 39 
wir hierin noch immer zurückstehen hinter der stattlicohen Anzahl glünzender paläo- 
graphischer Bilderwerke, die in England, Frankreich und Italien bestehen. Selbst 
nur die Aufzählung der allgemeinen und umfangreichsten Sammlungen würde in 
unserem Rahmen einen allzu großen Raum beanspruchen. Ich beschränke mich auf 
die Anführung derjenigen, die auch in der deutschen Literatur häufiger erwähnt werden, 
und von denen vorausgesetzt werden kann, daß die eine hier, die andere dort in Archiven 
und Bibliotheken aufliegt, obwohl die Mehrzahl mit Rücksicht auf die zumeist glänzende 
Reproduktionsweise recht kostspielig ist. 
Das Hauptwerk der englischen Paläographie bildet „The Palaeographical Society. Fac- 
similes of ancient manuscripts and inscriptions" edit. by E. À. BOND and E. M. TromMPsON. Serie I 
(1873—1883), Serie II (1884—1894) mit zusammen 455 Tafeln (reichhaltige Indizes von G. F. 
W(ARNER) erschienen 1901) und „The New Palaeographical Society", hrg. von E. M. THOMPSON, 
G. F. WARNER u. F. G. Kenyon, fase. I—VIIL, 1903 ff. (vgl. BÉCh LXVI (1905), 620; LXVII, 
590; LXVIII, 676; LXIX, 747; LXX, 672; LXXI, 719) — Eine überaus umfangreiche, das 
Handschriftenmaterial, aber auch die Urkunden Englands, Schottlands und Irlands umfassende 
Sammlung sind die vier vom Ordnance Survey Office herausgegebenen Werke: 1. Facsimiles of 
national manuseripts from WILLIAM THE CONQUEROR TO QUEEN ANNA, 4 Binde, 1865—1868; 
9. Facsimiles of national manuscripts of Scotland, 3 Bände, 1869—1871; 3. Facsimiles of national 
manuscripts of Ireland, 5 Bände, 187 4—1885 und 4. Facsimiles of Anglo-Saxon manuscripts, 3 Bände, 
1978—1884. Bekannter sind als Ergünzung zur Palaeographical Society nach der diplomatischen 
Seite die von Boxp und Tuowrsow in 4 Bänden mit 144 Tafeln herausgegebenen ,Faesimiles of 
ancient charters in the British Museum", 1873—1878. G. F. WanNER eróffnete 1903 eine neue 
Sammlung, , Royal and other charters in the British Museum. Facsimiles", deren erster Band die 
Urkunden der Könige Wilhelm I. und Richard I. umfaßt. 
Aber weder England noch irgendein Land des Kontinents kann sich an Zahl und Pracht 
paläographischer Werke und Sammlungen mit Frankreich vergleichen, wo L. DELISLE (t* 1910), 
der — wie SICKEL einmal sagt — „von den Paläographen aller Länder als Meister verehrt wird“, 
seit Jahrzehnten das paläographische und diplomatische Studium leitete. Übergehen wir die älteren 
auf autographischem Wege hergestellten Publikationen, so bildete hier die erste große mittels 
photographischer Reproduktion und mit einem Kostenaufwand von 150 000 Francs im Jahre 1878 
erschienene Sammlung das „Musee des archives départementales" mit 60 Tafeln und 170 Bildern 
von Dokumenten, vom 7. Jahrhundert bis 1764 reichend. Bald folgte , Recueil des Facsimilés a 
l'usage de l'École nationale des Chartes^ mit 101 Tafeln, begonnen 1880, und kaum lag dieses Werk 
im Jahre 1887 abgeschlossen vor, erschien im selben Jahre das „Album paléographique ou Recueil 
de documents importants relatifs à l’histoire et la littérature nationales . . . par la société de l’École 
des Chartes“ mit einer Einleitung von L. DELISLE und 50 Tafeln, enthaltend Schriftproben vom 
5. Jahrhundert bis 1685.1) — Kurz zuvor, im Jahre 1884, hatte EMILE CHATELAIN seine , Paléo- 
graphie des classiques latins" begonnen, die 1900 abgeschlossen in zwei Abteilungen zu je 105 Tafeln 
in chronologischer Folge Blätter aus den hervorragendsten Handschriften der lateinischen Klassiker 
darbietet. Daneben erschien von ihm 1901—2: , Uncialis scriptura codicum latinorum novis exemplis 
illustrata". Zwei Teile (60 u. 40 Taf.) Explanatio tabularum. S. I—VIII, 1—104 und [Semiuncialis 
scriptura] S. 105—182. 
Auch Italien hat in den letzten Jahrzehnten die palàographische Wissenschaft durch mehrere 
mustergültige allgemeine Sammlungen gefórdert. E. Mowaor, der schon 1881—1892 hundert Tafeln 
,Faesimili di antichi manoscritti" für Schulzwecke veróffentlicht hatte, begann 1883 mit der Publi- 
kation des ,Archivio paleografico italiano", das vom 9. Band an der Fortsetzung der von SICKEL 
u. Levy ins Leben gerufenen auf Italien beziiglichen Serie der Kaiserurkunden in Abbildungen 
(Diplomi imperiali e reali delle cancellarie d'Italia, pubblicati a facsimile della R. Società Romana 
di storia patria, 1892) mit Erläuterungen von LUIGI SCHIAPARELLI gewidmet sein soll. — Von 
E. MoxAGt rührt auch her die Sammlung: , Esempi di scrittura latina del secolo I. al XVIIL. Nuova 
edit. (1906). Im Jahre 1884 eróffneten Grgor. VrrELL: und Cms. Paorr die , Collezione Fiorentina 
di facsimili paleografici greci e latini", die 1897 mit 100 Tafeln abgeschlossen wurde. Im Jahre 1898 
erschienen in Turin überdies ,Monumenta palaeographica sacra. Atlante paleografico- artistico" 
. .. per cura di F. Carta, C. OrPorrA e C. FnRATr 190 Lichtdrucktafeln mit 134 Bildern; 1907 von 
C. OreorrA ,Codici Bobbiesi della bibliotheca nazionale universitaria di Torino (Mail. 1907, 2 Bde.); 
vgl. MIÓG. XXIX (1908), 379. 
Mit der Erwähnung des , Album Belge de paléographie“ von I. VAN DEN GHEIN (Brüssel 1908), 
des, Album Belge de diplomatique“ unter der Leitung von H. PIRENNE (Brüssel 1909) mit je 32 Tafeln, 
Handschriften saec. VII—XVI, und Urkunden (saec. VIII—XIV), des ,Atlas der Nederlandsche 
palaeographie“ von H. BRUGMANNS u. O. OPPERMANN (Gravenhage 1910), ferner einer schwedischen 
Sammlung von Schriftproben nach Urkunden und Buchhandschriften von 1135—1520 von 
  
  
1) Hier bietet DELISLE auch eine reiche Ubersicht der bis 1887 erschienenen hervorragendsten 
paläographischen Tafelwerke. 
 
	        
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