70 B. Bretholz: Lateinische Paläographie.
einige Handschriften der Ambrosianischen Bibliothek in Mailand, die als Produkte der
Schreibschule im Kloster Bobbio angesehen werden dürfen. STEFFENS, der eine
instruktive Reihe von Proben bietet!), bezeichnete früher (1. Aufl.) die Schrift in den
älteren Werken des 7. und 8. Jahrhunderts mit dem neuen Namen der „Halbkursive“
und betonte gelegentlich (T. 27) den Einfluß der irischen Schreibweise, der sich hier gel-
tend mache; die Schrift des ausgehenden 8. und des 9. Jahrhunderts hieß bei ihm bereits
oberitalienische Minuskel, doch bemerkte er (T. 45a), daß viele Paläographen diese
Schrift „langobardisch“ nennen. In der 2. Auflage wird aber in beiden Fällen nur
der Name ,,altitalienische Bücherschrift‘ angewandt.
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8 2. Die montecassinensisch -beneventanische Schrift.
Man hat diese Schriftart als eine Fortbildung der aus Norditalien nach den süd-
lichen langobardischen Herzogtümern verpflanzten langobardischen Schrift angesehen,
gleichsam als die zweite mit dem 10. Jahrhundert beginnende Zeitperiode ihrer Ent-
wicklung.? Dieser Zusammenhang láfit sich nach dem, was über die langobardische
Schrift dargelegt worden ist, nicht aufrechterhalten, wir haben es vielmehr mit einer
kalligraphischen Ausgestaltung der jüngeren rómischen Kursive, wie sie sich in Mittel-
italien entwickelte, zu tun. Der Name ist entnommen jenem berühmten Benediktiner-
kloster, das nach seiner Gründung im J. 529 schon im 6. Jahrhundert eine hervorragende
literarische Státte wurde, aber bereits im J. 581 durch die Langobarden eine erste Zer-
stórung erlitt. Schon damals, im 6. Jahrhundert, besaf) es kostbareSchriftwerke, die die
Mónche in ihr rómisches Refugium retten konnten.?) Als im Jahre 717 das Kloster neu
begründet wurde, kamen diese Schátze reich vermehrt wieder zurück, und eine neue
Periode reger geistiger Arbeit begann hier, die das ganze 8. und fast bis ans Ende des
9. Jahrhunderts (883) währte. Hier entstand gegen Ende des 8. Jahrhunderts die Historia
Langobardorum Paul Warnefrids, des Kanzlers des letzten Langobardenkónigs De-
siderius; Bertharius, seit 806 Abt, schrieb Kommentarien zum Testament, gramma-
tische und andere Schriften. Die wenigen sicher bezeugten Schriftstücke aus dieser
Periode zeigen die Anwendung einer ,rohen und ungeschickten“ Kursive.*)
Mit der zweiten Zerstórung Monte-Cassinos durch die Sarazenen im J. 883 erfolgt
abermals eine Unterbrechung in der Entwicklung dieser Státte, die dann erst um die
Mitte des 10. Jahrhunderts (949) von neuem einsetzt und jetzt mehrere Jahrhunderte
— 1940 wurden die Mónche von Monte-Cassino von Kaiser Friedrich II. vertrieben,
worauf erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts eine Reorganisation erfolgte — anhält.
Das 11. Jahrhundert, die Zeit, da die Abte Theobald und Desiderius das Zepter führten,
1) T. 23—25b: Homilien des h. Maximus von Turin, saec. VII; T. 27=27d: Gedicht auf
die Kónige Aribert, Bertharith und Cunincbert, ca. 700; T. 37/38 —33,834a: Isidor v. Sevilla,
Origines, saec. VIII; T.38b—42b: Novellae Justiniani, saec. VIII ex., nicht in Bobbio, sondern
wahrscheinlich in Novara geschrieben; T.45a—68b (hier zu den Beispielen langobardisch-vene-
tianischer Schrift gerechnet), 45b (fehlt in der 2. Aufl): Isidor v. Sevilla, libri differ. und Litanei,
vor 840; T.45c (fehlt in der 2. Aufl): De proprietate nominum vel rerum, saec. VIIT/IX.
2) Vgl. PAorr-LOHMEYER S. 27 nach ODERISIO PISCICELLI-TAEGI, von dem das Prachtwerk
,Paleografia artistica di Montecassino (Serittura longobardo-cassinese)“ mit Schriftdenkmälern
von 810 angefangen in 54 Farbendrucktafeln nebst einer Einleitung über die Geschichte der Schrift
herrührt (1876ff.). — Reiche Faksimiles bieten ferner die „Bibliotheca Cassinensis“ 5 Bde., 1873
bis 1894, der „Codex dipl. Cavensis“ 1873ff. und die allgemeinen Sammlungen. Über die Geschichte
der Schrift handelte neuestens N. Ronorrco, Genesi e svolgimento della scrittura longobardo-cassi-
nese (vgl. NA. XXVII, S. 562).
3) Vgl. L. TRAvBE in Abh. Bayer. Ak., phil-hist. Kl. XXI, 627.
4) Als Hss. montecassinensischer Provenienz gelten der Pariser Priscian saec. VIII/IX.
(CHATELAIN T. 13, STEFFENS 42a der 2. Aufl.), Albinus Flaccus Traktat ,De trinitate" vom J. 812,
die Isidorischen Etymologien in der Hs. von S. Cava, die von PrscicELL: auf T. 37 u. 38 vorgeführten
Stücke aus der ersten Hàlfte des 9. Jahrhunderts u. a.; vgl. PAorr-LomwEYER, Grundrif S. 27.
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