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Zweit. Hauptabschn.: Entwick. d. lat. Schrift. Sechst. Kap. : Die Fortentwick. d. röm. Kursive usw. 75
§ 4. Die westgotische Schrift.
Für die Schriftarten, die sich im romanischen Spanien vom 6. bis 12. Jahrhundert entwickelt
haben, besitzen wir ein reichhaltiges deutsches Tafelwerk: P. EwALD und G. LoEwE „Exempla
scripturae Visigoticae XL tabulis expressa . . . (Heidelberg 1883).!) Die Publikation ist um so wich-
tiger, als die originalen Werke zumeist in der Heimat und in England zu suchen sind. Was die ein-
heimischen Sammlungen anlangt, so besaß, wie Frankreich in dem bekannten PIELINSKI, auch Spanien
in D. FRANCISCO JAVIER DE SANTIAGO PALOMARES einen Faksimilator von erstaunlicher Geschick-
lichkeit, der 1764 u. ff. drei Bände mit farbigen Faksimilen anfertigte, die heute in der Madrider
Bibliothek liegen.?) Auf Grundlage dieser Tafeln und eines älteren unvollendet gebliebenen Werkes
von RopRiGUEZ erschien schon 1780ff. die , Escuela paleographica" von MERINO. In den letzten
Jahrzehnten is& der Hauptvertreter der palüographischen Wissenschaft in Spanien Jesu MuSoz
v RivERO.2)
Auch die Anfünge der spanischen oder toletanischen Schrift liegen in der rómischen
Kursive, die früher nach Spanien als ins Frankenreich gelangte und dort eine eigenartige
reiche Entwicklung genommen hat.5) In Spanien herrschte im 6. und 7. Jahrhundert
regstes geistiges Leben, wesentlich gefôrdert von den westgotischen Kônigen; hier er-
stand in Bischof Isidor von Sevilla (570—636) eine schriftstellerische Erscheinung,
die für die Erhaltung und Verbreitung der alten rómischen Literatur religiósen und
profanen Charakters im Vordergrunde steht. Dann jedoch nach der arabischen Erobe-
rung (711) zog sich das literarische Leben in die einsamen Klóster zurück, in denen zahl-
reiche liturgische Bücher für den täglichen Bedarf, aber auch historische und gramma-
tische Schriften, Konzilsakten und spanische Gesetzessammlungen abgeschrieben wurden.
Besonders im. Norden der Halbinsel bestanden reiche Klosterbibliotheken, die auf em-
sige Schreibtàtigkeit schließen lassen. Auch hier erreicht die Produktion wie an Reich-
haltigkeit so an Schónheit der Ausführung im 10. und 11. Jahrhundert ihren Hóhepunkt,
dann weicht die nationale Eigenart Schritt für Schritt vor der in Frankreich, Deutsch-
land und Italien gültigen Minuskel zurück." Leichter als sonst irgendwo dürfte sich
für Spanien die Móglichkeit herausstellen, das erhaltene Material nach Schulen zu ord-
nen, weil es hier häufiger als anderwürts in Übung war, Subskriptionen, Ort und Zeit
der Entstehung beleuchtende Schlufinotizen und auch weitere buchgeschichtliche
Nachrichten in die Handschriften einzutragen. Doch bemerkt BEER), daß vorläufig
der Mangel an Handschriftenproben derartige Scheidungsversuche, von denen Ewarp
noch ganz absehen zu müssen vermeinte, sehr erschwere. Er hebt aber hervor, daf
Manuskripte aus dem Süden, wo Toledo ein geistiger Mittelpunkt war, eine im ganzen
mehr breit geartete Schrift zeigen, wáhrend die Typen der Handschriften aus dem Norden
einen schlankeren Zug verraten; daB in Asturien die glànzende Handschriftenillumi-
nierung auffállt, die in Werken katalanischer Schulen merkwürdig bescheiden auftritt,
hier dagegen wiederum karolingischer EinfluB in der Schrift sich früher als sonst irgend-
wo kenntlich macht.
1) Proben westgotischer Schrift bietet — nach JBG. 1884, II, 355 — außer Pal. Soc. auch
E. M. TxHomesoN, Catalogue of ancient mss. in the British Museum P. II.
2) Vgl. NA. VI, 341.
3) Von ihm rühren her die , Paleografia Visigoda^ (Madrid 1881) mit 45 nach Pausen her-
gestellten Tafeln; ferner ,Chrestomathia palaeographica. Scripturae Hispaniae veteris specimina.
(Madrid. 1890ff.)
4) Vgl. P. Ewarp, Reise nach Spanien im NA. VI, 218.
5) Über die angebliche feierliche Abschaffung der littera Toletana auf dem Konzil von Léon
(nach WarrENBACH, Anleitung, S. 22, 1090—1091) vgl. R. BEER in Codices graeci et latini photo-
graphice depicti duce SCATONE DE VRIEs tom. XIII (1909), pag. IL, n. 3, wo die Synode von 1129
angegeben erscheint.
6) R. Brrr, Handschriftenschätze Spaniens in S B. Wien. Ak. CX XIV (1891), Nr. VI, fort-
etit in den nächsten Bänden bis CX XX mit zahlreichen Hinweisen auf Schriftproben und Fak-
similes.