Kaiserwahlen
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Kaiserkrónung gezáhlt wurden. Am auffallendsten ist die Rechnung der Kónigsjahre unter Otto II.,
der sie von 961 an zählte, also auch bei seinem Regierungsantritt 973 keine neue Zählung beginnt.
Andere, wie Heinrich III, machen in dieser Beziehung einen Unterschied, indem sie die Jahre zu |
Lebzeiten des Vaters als anni ordinationis, und erst von der Alleinregierung an die anni regni zàhlen. | |
cj Kaiserwahlen und Kaiserkrónung.
M. KnaMwzz, Der Reichsgedanke des staufischen Kaiserhauses 1908; H. Brocn, Die Kaiser-
wahlen der Stauferzeit in HVSchr. 1909 und als Buch: Die staufischen Kaiserwahlen und die Ent-
stehung des Kurfürstentums 1909; s. auch GGA. 1909, S. 363ff. H. KArsrvss, Die staufischen Kai-
| serwahlen und ihre Vorgeschichte. MIOG. 34, S. 502ff. E. EICHMANN, Die Ordines der Kaiser-
| krönung, ZSavRg. Kan. Abt. 2, S. 3ff. Derselbe, Studien z. Gesch. der abendländischen Kaiser-
| krónung I, HJb. 39, 1919, S. 714f. Derselbe, Kirche u. Staat I, Abschn. 5, S. 58f.
Es war der früheren Forsehung schon aufgefallen, daB Friedrich II. zu Nürn-
berg 1211 nicht zum König, sondern gleich zum Kaiser gewählt wurde, ohne daß er
vorher als König regiert hatte. Neuerdings haben wir die tiefere Bedeutung dieses
: Vorgangs verstehen und seine Voraussetzungen kennen gelernt. |
: Schon seit Friedrich I. ist das Problem der Kaiserwahl theoretisch behandelt I
und in der Stauferzeit sind auch faktisch wiederholt Kaiserwahlen beabsichtigt und ge- | |
tütigt worden. Die Erklürung dafür liegt in den auf das Recht der Kaiserkrönung |
: sich gründenden Ansprüchen der Pápste auf Approbation?) und in dem seit Friedrich I.
verschürften Gegensatz des Kaisertums zum Papsttum und seiner Forderung der Un-
r abhángigkeit des Kaisertums von der Kurie.
; Friedrich I. ernannte seinen Sohn König Heinrich zum Caesar; er knüpfte damit
3 an das römische Vorbild an und wollte zum Ausdruck bringen, daß dem erwählten
; | König das Kaisertum zustehe, daß die Wahl Anrechte auf das Kaisertum verleihe.
Í In der Tat hat der fricdliebende Papst Gregor V1Il. dann Heinrich VI. als erwählten
Kaiser der Rómer angeredet (Henrico illustri regi electo Romanorum imperatori) und
damit anerkannt, daB die deutschen Fürsten in dem Kónige gleich den zukünftigen il
" Kaiser erwühlten. Er sagt nicht, daB er den Kónig Heinrich schon als Kaiser an- Il
erkenne, er gibt ihm nur den Kaisertitel in Verbindung mit dem Wort electus. Damit I
überträgt er den Elektentitel kirchlicher Rechtsanschauung, der bei kirchlichen Würden,
wie eleetus episeopus, lüngst üblich war, auf die Kaiserwahl.?) Sehen wir danu von
der Wahl Friedrichs II. i. J. 1196 ab (s. Anm. 1), so ist die Wahl Philipps von
Schwaben durch die besten Quellen als Kaiserwahl bezeugt, die Ottos IV. ebenfalls
als eine solche wahrscheinlich gemacht. Eine Proklamation der staufischen Fürsten
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i zu Speyer 1199 erklürt ausdrücklich die Unabhängigkeit der deutschen Kaiserwahl.
8 Der Papst, der in seinen ersten Antwortschreiben nur von Konigswahlen spricht, tritt I
x 1200 und 1201 der Auffassung, daB diese Wahlen Kaiserwahlen gewesen seien, bei, ul
- um. damit sein Approbationsrecht besser zu begründen. Innozenz schreibt an Otto: |
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1) Vielleicht war auch die Wahl 1196 schon eine Kaiserwahl, wie es die Chronik von LB
- Hennegau und Ausländer schildern; es ist allerdings möglich, daß bei ihnen der Begriff rex und im- #8
perator ineinander übergeht.
z 2) BrocH, aaO., verfolgt die Voraussetzungen noch weiter zurück; jedenfalls meint er, da)
schon die Wahl Lothars dem Kaiser gegolten habe, wenn sie auch noch von den deutschen Quellen
n als Kónigswahl bezeichnet werde. Er macht darauf aufmerksam, daß schon seit Heinrich 1V. die
6 Bezeichnung Romanoru m rex, seit Lothar und Konrad III. der Ausdruck augustus, der bisher nur
Ehrentitel des Kaisers war, von Friedrich I. und Heinrich VI. in der Form et semper augustus
- aufgenommen worden. Damit sollte das Anrecht des Gewühlten auf die kaiserliche Verwaltung zum
, Ausdruck kommen. Es sind Anklänge an die Antike, eine Verwendung von kaiserlichen Prädikaten
auf königliche Herrschaft. Die Könige wollten durch solche Prädikate ihr Ansehen erhöhen. Wenn | H
aber bei Schriftstellern solche kaiserlichen Bezeichnungen auf Könige angewandt erscheinen, so ist UH
nicht immer bei ihnen die ,, Erkenntnis feinerer verfassungsgeschichtlicher" Unterscheidungen vor- HH
auszusetzen. KALBFUSS, S. 507. , i
3) Karnruss (S. 511) macht auch darauf aufmerksam, daß der Papst dem erwühlten Kaiser |
nicht den Augustustitel gibt; deutsche Könige legen sich den Augustustitel bei, aber die Päpste des
19. Jhs. reden sie nicht damit an und geben dadurch den Abstand zwischen der Kónigs- und der
Kaiserwürde zu erkennen.
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