Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
106 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
2. der König ist jetzt oberster Gerichtsherr; er hat konkurrierende Gerichts- 
barkeit mit allen weltlichen Gerichten und höhere Instanz; er hat arbiträre Urteils- 
entscheidung; 
3. der König ist der Schutzherr des Landfriedens; er hat das Recht überall ein- 
greifender Polizeimaßregeln im Interesse des Landfriedens; 
4. der König ist Eigentümer des Krongutes, das seinem direkten Befehl unter- 
steht, sowie Herr der Regalien; 
5. der König ist oberster Lehnsherr. 
Mit diesen Hoheitsrechten des Königs hängen gleichzeitig seine Einnahmen zu- 
sammen; er bezieht seinen Anteil an den Eroberungen und der Kriegsbeute, an den 
Gerichtsgefällen, Friedensgeldern u. dgl. Die hauptsächlichsten Einnahmen bringen 
ihm in unserer Periode das Reichsgut und Hausgut und die nutzbaren Regalien (s. u. 
unter Finanzwesen). Das Recht des Königs daran bedarf noch besonderer Erór- 
terung. / 
a) Reichsgut und Hausgut. 
A. EccErs, Der kgl. Grundbesitz im 10. u. beginnenden 11. Jh. (in ZEUMERS Quellen und Stu- 
dien III, 2), 1909. H. Nrzsz, Die Verwaltung des Reichsgutes im 13. Jh., 1905; ferner A. MEISTER, Die 
Hohenstaufen im Elsaß mit besonderer Berücksichtigung des Reichsbesitzes und des Familiengutes, 
1079—1255, 1890; ScuEFFER-BoicHORsT, Friedrichs I. letzter Streit mit der Kurie. S. 6f.; Fray, 
Die Schicksale des kel. Gutes in Deutschland unter den letzten Staufern seit König Philipp, 1881; 
FrckER, Über das Eigentum des Reichs am Reichskirchengute, 1872. 
In merowingischer Zeit war eine Unterscheidung zwischen Staatsgut und Privat- 
gut des königlichen Geschlechts kaum gemacht worden. Unter den Karolingern 
zeigte sich schon eine verschiedenartige Behandlung des Hausgutes einerseits und 
des Reichsguts andererseits.!) Bei dem Wechsel der Dynastien mußte sich eine solche 
Unterscheidung noch viel mehr geltend machen, da die Privaterben auf das Familien- 
gut Anspruch erhoben. Das trat am klarsten hervor, als die staufischen Herzöge 
Friedrich und Konrad unter Lothar das Erbgut der salischen Familie beanspruchten. 
In der Tat findet sich schon seit Konrad I. eine stärkere Hervorhebung von Erbgut 
neben dem Reichsgut ; aber das hinderte nicht, da8 man auch weiterhin Reichsgut für 
Privatzwecke und Familiengut für Reichszwecke verwandte. Ja, das Erbgut der Sa- 
lier wurde sogar 1125 durch die Fürsten den Privaterben, den Staufern, abgesprochen 
und zu dem Reichsgut geschlagen. Als dann die Staufer zur Krone gelangten und ein 
reiches Familiengut mitbrachten, war man sich seines Unterschiedes vom Staatsgute 
rechtlich wohl bewuBt. Aber wenn auch die staufischen Kónige vielfach den staufi- 
schen Privatbesitz an die Herzöge aus der staufischen Familie vergeben haben, so ist 
doch diese Trennung nicht konsequent durchgeführt und vor allem dem König die Ver- 
fügung über die dem Herzog zugewiesenen Hausgüter nicht entzogen. In der Praxis 
ist demnach auch unter den Staufern die Grenze zwischen Hausgut und Reichsgut ver- 
wiseht, wenn man auch den rechtlichen Unterschied kannte. Der Kónig hat zwar bei 
der Krönung gelobt: iura regni et imperii, bona eiusdem . . . fideliter in usus regni 
et imperii dispensare, tatsáchlich aber übte er unwidersprochen das Recht, Reichs- 
gut zur Ausstattung von Töchtern, zur Wittumsetzung und anderen Privatzwecken zu 
benutzen und umgekehrt Privatgut dem Reiche nutzbar zu machen. 
Zum Kónigsgut gehórte sowohl geschlossener als auch Streubesitz. Es ent- 
wickelt sich die königliche oder Reiehsgrundherrschaft. Zur Grundherrschaft traten 
aber auch beim Reichsgut andere Herrschaftsrechte des Konigs und sogar Über- 
tragung gräflicher Rechte an den Verwalter des Reichsguts. So entstehen königliche 
1) S. o. 8. 45, 
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
	        
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