Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
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Dir Markgraf 123 
digere Militárgewalt, er kann Befestigiangen, Burgen zum Greazschutz anlegen und er 
kann auch Burgen aus eigener Machtvollltommenheit zerstóren, mit anderen Worten: 
er besitzt im Bereiche seiner Markgrafschaft die volle Befestigungshoheit.!) . Auch 
seine Einnahmen sind grófer, insofern er aus dem den Feinden abgenommenen und 
deshalb dem König gehörigen Landhesitz reichlich dotiert wird und einen Teil des 
Tributs, den unterworfene Nachbarn zu zahlen haben, für sich empfängt. 
Wenn auch die Markgrafschaften, zu Lehen und erblieh wurden, so folgten sie 
nur der allgemeinen Entwicklung des Lehnswesens. Seit die Markgrafschaften aber 
Erblehen waren, wurden sie noch selbstándiger; das lose Band, das sie an den Kónig 
knüpfte, wurde noch mehr gelockert. Schon im 19. Jh. nahm der Markgraf ein Ober- 
eigentum an Grund und Boden in Anspruch.?) Das Figen stand in der Markgrafschaft 
später nicht mehr unter Kónigsfrieden, sondern unter einem markgráflichen Frieden. 
An Stelle des Kónigsbannes trat ein. selbstándiger Markgrafenbann?), d. h. seine ordent- 
liche Markgrafengewalt. Er bedar't nicht mehr einer Belehnung mit dem Kónigsbann; 
durch die einfache Fahnenbelehvung mit der Markgrafschaft erhült er zugleich die 
Gewalt in Dingen, die sonst, in (3rafschaften, Kónigsbannsachen sind und dort einer 
besonderen Beleihung bedürfen. 
Alle diese Vorzugsrechte, 1nit denen der Markgraf vor den anderen Grafen aus- 
gestattet ist, haben es bewirkt, daB die Markgrafschaft am frithesten zum selbstün- 
digen Territorium heranreift. In den Sonderrechten des Markgrafen wurzelt die 
frühe Ausbildung der Landeshoheit in diesen Gebieten.*) 
Als kleinere staatliche Glieder bestehen, wie in der vorigen Periode, Unterbezirke mit ver- 
schiedenen Namen: huntari, go, del u. a. Außerdem müssen wir uns da, wo geistliche Herrschaften 
im Grafengau erstanden, diese in fortschreitender Entwicklung zur Exemption von der Grafschaft 
denken. (S. unter Gerichtswesen S. 141f.) Vägte haben hier die weltliche Verwaltung für die geist- 
lichen Herren. Ganze Grafschafteu. und Grafenrechte haben geistliche Fürsten in dieser Periode er- 
langt. Und endlich beginnt eine 11eue Sonderbildung, die Emanzipation der Stadt von der Grai- 
schaft, die wir jedoch erst im Zustummenhang mit dem Stüdtewesen im vierten Hauptabschnitt be- 
handeln. 
1. Die soziale Gliederung. 
1. Der Reichsfiirstenstand.. 
J. FickER, Vom Reichsfürstenstande. Bd. 1,1861; 2,1911 hrsg. v. P. PuxTSCHART. J. FICKEE, 
Vom Heerschilde. 1862. M. BeriDINER, Die Reichsgrafen. 1888. BOERGER, Belehnungen der deut- 
schen geistlichen Fürsten (Leipziger Studien Bd. 8). 1901. Pm. Hxck, Der Sachsenspiegel und 
die Stände der Freien. 1905. H. FEHn, Fürst und Graf im Sachsenspiegel. 1906. J. BRUCKAUF, 
Fahnlehn und Fahnenbelehnur,g im alten deutschen Reiche. Leipzig. Diss. 1907. F. GÜTERBOCK, 
Die Neubildung des Reichsfivrstenstandes im Prozeß Heinrichs d. L. (Festgabe Zeumer) 1910. 
F. ScHONHERR, Die Lehre vor Reichsfürstenstand des MA. 1914. F. KEUTGEN, Der deutsche Staat 
des MA. 1918. Kap.4. R. MoErLER, Die Neuordnung des Reichsfürstenstandes und der Prozeß 
Heinrichs d. L. ZSavRg. 39, 1918. 
Die Einführung des Lehnswesens in den Beamtenstaat hatte zur Folge eine 
Rivalität von Lehnsrecht und Amtsrecht ; der Lehnsstaat sucht den Beamtenstaat zu 
ersticken. In der Zeit, irı der beide Rechtssysteme miteinander ringen, entsteht natur- 
gemäß der Dualismus des Beamten und Lehnsträgers. Dies ist auch bei der Beurtei- 
lung des Reichsfürstenstandes immer stark betont worden. 
Im Fürstenbegriff des MA. hat sich gegen Ende der Regierung Friedriehs 1. 
eine unverkennbare Áriderung vollzogen. Deshalb spricht man gewóhnlich von einem 
ülteren und einem jüngeren Reichsfürstenstand. Um etwa 1180 wird der Kreis der 
Reichsfürsten enger. 
1) A. Courixn, Be festigungshoheit und Befestigungsrecht. 1911. 85: Der Markgraf. 
2) Vgl. W. v. SOMMERFELD, Beiträge zur Verfassungs- und Ständegeschichte der Mark Bran- 
denburg im MA. T. I. 1904. S. 20, 122. : 
3) So ist der Satz des Sachsenspiegels zu erklären III, 65, § 1: ,,die marcgreve dinget bi sines 
selves hulden.“ So auch von Pm. HECK, aaO. S. 757 und von FEHR, S. 63 erklärt. 
4) S. u. Abschn. 4 Nr. 3. 
      
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
    
  
    
	        
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