Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
176 ; Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
Marktverleihung begründet worden. Der König allein konnte einen Markt gründen; 
entweder tat er dies auf seinem eigenen Grund und Boden bei einer Pfalz, oder er gab 
einem geistlichen oder weltlichen Grundherrn ein Marktprivileg. Die so entstehenden 
Märkte waren also alle grundherrlich, sie hatten einen Marktherrn in der Person des 
Grundherrn, sei es nun der König, ein Stift oder ein weltlicher Großer. Mit dem Markt- 
recht ist meist gleichzeitig Marktzoll und Münze verliehen worden. Erst seit der selb- 
ständigen Territorialhoheit der Landesherren haben diese selbst Marktprivilegien ge- 
geben und Städte gegründet. 
Der Marktherr gab in freier Gründerleihe zu erblichem und veräußerlichem Be- 
sitz und auch ohne Zins Stücke seines grundherrlichen Areals den zuziehenden Kanf- 
leuten und Gewerbetreibenden. Sie wurden dadurch nicht seine Hörigen, sondern sie 
bildeten eine von ihm persönlich unabhängige?) Ansiedelungsgemeinde auf grundherr- 
lichem Boden. In den alten Römerstädten sind oft mehrere Grundherren am Markt- 
gebiet beteiligt. 
Der Markt allein machte einen Ort noch nicht zur Stadt; wir haben Marktorte, 
. die nie Städte geworden sind. Später unterscheiden die Mauern die Stadt von den 
Marktorten, die Stadt ist dann ein Markt, der zugleich Mauerburg ist. Im 13. Jh. wird 
die Forderung aufgestellt, daß die Stadt ummauert sein muß. Der Markt hatte seinen 
besonderen Frieden; war der Markt ummauert, so fiel der Marktfriede mit dem Burg- 
frieden zusammen. In der fertigen Stadt ist daraus der Stadtfrieden geworden, indem 
noch andere Elemente wie das Asylrecht und der Landfriedensbegriff darauf ein- 
gewirkt haben. Der Stadtfrieden aber ist nicht begrenzt wie der Landfrieden. In 
der Stadt herrscht dauernder Frieden. Die Stadt ist ein Friedensbezirk für sich, 
der sich von dem platten Lande abhebt. Dieser besondere Frieden ist als stadt- 
bildender Faktor nicht zu unterschätzen.?) : 
Das besondere Marktrecht, das an der Marktansiedelung zu handhaben war, mag 
den Anlaß gegeben haben, daß zunächst für die niedrige Strafgerichtsbarkeit und die 
Zivilgerichtsbarkeit die Marktgemeinde einen besonderen Richter erhielt. Damit war 
sie als eigener Gerichtsbezirk aus dem Gerichtsgebiet herausgeschnitten, in den sie bis- 
her eingegliedert war. Sie hatte aber bisher zur Immunitätsgerichtsbarkeit des Markt- 
herrn oder zur Grafengerichtsbarkeit gehôrt. Bei den zu Bischofssitzen gewordenen 
Rómerstádten sahen wir schon, wie die bischôfliche Immunität sich über sie ausge- 
breitet hatte. Der Bischof war an Stelle des Grafen getreten; sein Vogt war oberster 
Richter über die Stadt und den Markt. Bei Märkten auf Königsgut ist die Zugehörig- 
keit zur Domünen-Immunitàt des Pfalzrichters, iudex fisci, auBer Zweifel. Bei Markt- 
gründungen von Bischófen und Ábten ist es nieht sicher, ob nach Analogie der Rómer- 
städte die erweiterte Immunität über den Markt in dem Marktprivileg, das der König 
dem geistlichen Grundherrn verlieh, eingeschlossen war; es ist möglich, daß sie unter 
der Grafengerichtsbarkeit verblieben, wie jedenfalls auch die Märkte weltlicher Grund- 
herren. Aus dieser Immunitätsgerichtsbarkeit des Vogtes oder des iudex fisci einerseits 
und aus der Grafengerichtsbarkeit andererseits war also jetzt ein besonderer Stadt- 
gerichtsbezirk herausgehoben.?) Der Marktherr bestellte zu diesem Zwecke einen 
  
1) Damit ist nicht gesagt, daB sie alle persónlich frei waren; sie kónnen Hôrige fremder Grund- 
herren sein. Auch eigene Hórige des Marktherrn konnten vereinzelt darunter vorkommen. 
2) Darauf macht auch H. Fear, Deutsche Rg. 1921 S. 10 aufmerksam. Das Buch konnte 
für die früheren Partien nicht mehr herangezogen werden; es ist erst wührend der letzten Kor- 
rekturen erschienen. 
3) Vielfach wird jetzt für ein Dorf, wenn es Stadtrecht erhielt, gleichzeitig auch ein geson- 
derter Gerichtsbezirk gebildet. Vgl. d. Urk. für Coesfeld und Bocholt. Westf. UB. 2 Nr. 559, 3 
Nr. 9 und 174; RrgTSOHEL, Markt und Stadt, S. 147 und 162. — Nur in wenigen Fällen ist für die 
Marktansiedelung nicht ein besonderer Gerichtsbezirk gebildet worden. 
      
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
   
	        
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