Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

       
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
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28 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
seine Herrschaft umfaBt schon ein vielgestaltiges Staatswesen, dem er teils unter- 
worfene teils im Bundesverhältnis stehende Völker angegliedert hat. 
Die Nord- und Ostgermanen haben ihre alten Zustände am längsten bewahrt. 
Aber auch hier zeigen sich seit der Mitte des 2. Jhs. Veränderungen. Es beginnt ein 
ZusammenschluB kleinerer Vólkerschaften zu groDen Massen und ein unaufhaltsames 
Vordringen gegen die rómischen Grenzen. 
A. Die Ostvôlker. 
F. Dauw, Känige der Germanen. Bd. 1 Vandalen, Bd. 2—4 Ostgoten, Bd. 5 Westgoten. 
G. KAUFMANN, Über das Föderativverhältnis des tolosanischen Reiches zu Rom. FDG. 6. Tu. 
MOMMSEN, Ostgotische Studien. NA. 14. Nachträge ebd. 15. F. KIENER, Verfassungsgeschichte 
der Provence seit der Ostgotenherrschaft. 1900. L. SCHMIDT, Gesch. der Vandalen. 1901. H. Dx- 
RICHSWEILER, Gesch. der Burgunden bis zu ihrer Einverleibung ins fränkische Reich. 1868. R. SaA- 
LEILLES, De l’établissement des Burgonds sur les domaines des Gallo-Romains. 1892. C L. LE Duc, 
Le régime de l’hospitalité chez les Burgonds (Nouv. Rev. hist. de droit. 12). J. HAvET, Du partage 
des terres entre les Romains et ks barbares chez les Burgonds et les Visigotes (Rev. hist. 6 und 
Oeuvres t. 2). 
Der im Jahre 166 DOE Mare Aurel begonnene Markomannenkrieg, der ausge- 
broehen war, nachdem die Rómer den Markomannen und Quaden eine friedliche Auf- 
nahme ins Römerreich abgeschlagen hatten, war das Vorspiel für gewaltige Umge- 
staltungen, die bald im Gefolge davon eintreten sollten. Vierzehn Jahre hat der 
Kampf gedauert; nur mit der größten Kraftanstrengung haben die Römer den An- 
prall zum Stehen gebracht. Aber da die eigentliche Ursache bestehen blieb, führte 
der Druck von rückwärts nur zu einer vorläufigen Änderung der Richtung zu einem 
Ausbiegen, während gleichzeitig von Osten her slawische und sarmatische Völker un- 
gestüm herandrängten. Das ergab die sog. große Völkerwanderung. 
Inzwischen hat sich jedoch schon eine weitgehende Durchsetzung des Römertums 
mit germanischen Elementen vollzogen; die Germanen haben dem alternden Römer- 
reich neues Blut und neue Kraft zugeführt, die es noch eine Zeitlang vor dem völligen 
Zerfall bewahrten. Es fehlte den Römern vor allem an Arbeitskräften und Soldaten. 
Da haben sie zunächst auf den kaiserlichen Domänen in den Grenzgebieten unterwor- 
fene Germanen als Kolonen angesetzt, in einem mehr unfreien als freien Zustand und 
mit der Verpflichtung, als Bauern die Domänen zu bewirtschaften und als Krieger die 
Verteidigung des Landes zu übernehmen. Seit dem Ende des 3. Jhs. begegnen uns 
Germanen öfters als laeti. Sie sind etwas besser als die germanischen Kolonen gestellt, 
sie müssen zwar auch Kriegsdienste übernehmen, aber sie sind im übrigen unabhängiger. 
Sie stehen unter einem eigenen praefectus laetorum und haben die Rechte selbständiger 
Körperschaften. 
Dann schlagen die Wellen der Völkerwanderung über die Reichsgrenze. Ganzen 
Völkerschaften werden jetzt seit dem Ende des 4. Jhs. auf Reichsboden Wohnsitze an- 
gewiesen, sie erkennen die Oberhoheit des Kaisers an und sie verpflichten sich gegen 
Sold zu Kriegsdiensten. So wird das rómische Heer immer mehr germanisiert. 
Und nicht nur ins Heer, sondern auch bis in die hóchsten Beamtenstellen dringen 
die Germanen vor. Sie regieren das Reich, und sie halten das Reich noch kraftvoll zu- 
sammen, ehe es zerbricht. Sie setzen Kaiser ein und ab. Drei Namen genügen: der 
Franke Arbogast, der Vandale Stilicho, der Suebe Ricimer. 
Diese Verhältnisse erklären es uns, daB an Stelle der ursprünglichen Landan- 
weisungen fórmliche germanische Staatengründun ge n auf rämischen Reichsboden 
traten. Diese germanischen Gründungen waren nicht gegen den Bestand des Römer- 
reiches gerichtet, sie sollten in das römische Staatswesen eingefügt, dem römischen 
Staatsbegriff untergeordnet werden. Naturgemäß ist diese Anpassung an die römische 
Staatsidee nicht überall ganz gleichmäßig verlaufen; die einzelnen Völker haben sie
	        
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