Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
   
46 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
5, Herrenloses Gut sollte jetzt als Kônigsgut gelten.!) Alles Land, das wüst lag, 
Wald und Weide, die nicht zu einer gemeinen Mark gehörten, sollte dem König zu- 
stehen. Er zog Nutzen daraus, indem er dort Königshöfe anlegte und bewirtschaften 
ließ oder Ländereien ausschied, die er gegen Zins zur Rodung vergab. Bei den Erobe- 
rungen ist dem König viel herrenloses Land zugefallen, da die Besitzer im Kriege ge- 
fallen, vertrieben oder geflohen waren. 
6. Die Tribute fremder Völker flossen in den Königsschatz. So haben Sachsen- 
völker unter den Merowingern 500 Kühe zu zahlen gehabt; Pippin verlangte von 
ihnen 300 Pferde; die Thüringer mußten dem König Theoderich Schweine zinsen. 
Tribute sind zu verschiedenen Zeiten erwühnt von Burgundern, Aquitaniern, Lango- 
barden, dem Herzogtum Benevent und von slawischen Völkern. 
7. Die Schutzzinsen für den besonderen Königsschutz, insbesondere die Abgaben 
der Juden. 
Vom römischen Rechte leitet das Königtum noch folgende Einnahmen her: 
8. Die Steuer der römischen Untertanen. 
9. Einnahmen aus dem Münzrecht. 
10. Einkünfte aus dem Zollregal und sonstige Verkehrsabgaben. 
11. Einnahmen waren auch die Vorspanndienste und Spanndienste, insofern der 
König sie nicht zu bezahlen brauchte, sondern sie ihm geleistet werden mußten. 
2. Die Zentralverwaltung. 
a) Der kónigliehe Hof und die Hofbeamten. 
FusTEL DE COUTANGES, La monarchie franque. S. 135f. DELOCHE, La trustis et Pantrustion. 
1873; Hincmarus De ordine palatii (v. J. 882), hrsg von V. KRAUSE, 1894 und von BORETIUS-KRAUSE, 
Capitularia 2, 517f. Warrz, Víg. 2?, 2. S. 69—1183. 32, S. 498—554. BnuNNER, Rg. 2, 95f.; der- 
selbe, ‚Zur Gesch. des Gefolgswesens. ZSavRg. 9, 210f. SCHRÖDER, Rg.°. $ 20, P. SCHUBERT, Die 
Reichshofämter und ihre Inhaber, MIOG. 34, S. 427ff. 
Es gab noch keine feste königliche Residenz. Die Merowinger hielten sich meist 
in kleinen Pfalzen auf?), neben denen aber auch schon Paris, Soissons, Metz und Reims 
als Aufenthaltsorte der Kónige hervortraten. Karl d. G. ist am häufigsten in Heristal, 
Ingelheim, Worms und besonders Aachen nachzuweisen, das gegen Ende seiner Re- 
gierung und unter Ludwig I. die bevorzugte Residenz ist, so daB Aachen geradezu 
als Reiehshauptstadt gelten kann. 
Im allgemeinen hatte der merowingische Hof mehr ein rómisches Gepráge, da 
dort rómische Provinzialen, romanisierte Burgunder und Neustrier verkehrten, und 
so eher das rómische Kulturniveau gewahrt blieb, während der Karolingerhof mehr ger- 
manischen Charakter zeigte, da Austrasier das Übergewicht hatten und nur die Hof- 
geistlichkeit die höhere römische Bildung bewahrte. 
Am Königshof (palatium, domus oder aula regis) hält sich der König einen Hof- 
staat, comitatus; man verstand darunter nicht nur das eigentliche Gefolge, sondern 
die Gesamtheit der weltlichen und geistlichen Personen, Germanen sowohl wie Römer, 
Freie, Liten und Unfreie, die am Hoflager anwesend waren. Eine bevorzugte Stellung 
nahm darunter die Leibgarde des Königs, trustis, ein, eine Art Fortsetzung der alten 
1) Die Ansicht R. ScxrôpErs (Rg.® S. 2241.), daB schon in frinkischer! Zeit ein formliches 
Bodenregal anzunehmen sei, ist bestritten worden von F. DAnn, Gesch. d. deutschen Urzeit 2, S. 483 ff. ; 
Brunner, Die Landschenkungen der Merowinger, SBAk. Berlin 1885. Es ist zweifelhaft, ob 
man uneingeschränkt von einem ausschließlichen Aneignungsrecht des Königs an herrenlosem 
Boden für das gesamte Frankenreich sprechen kann. DorscH weist (aaO. Bd. 1,'S. 109) auf. Ab- 
weichungen hin: „Im westgotischen Rechtsgebiete machte z. B. 852 ein Privater Eigentumsrechte 
an Grund und Boden geltend zufolge selbständiger Aneignung herrenlosen Landes, quia in eremo 
eas traxi in aprisione." Vielleicht liegen aber hier römisch-rechtliche Einflüsse vor. 
. , 2) Sie hatten mehr den Charakter gróferer Wirtschaftshófe mit Wohngebüuden für den. 
König und die trustis. Vgl. AUGUSTIN THIERRY, Récits des temps Mérovingiens. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
	        
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