Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

    
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
    
   
  
  
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Die Beamten des Grafen 
Zentenar oder Vikar ist demnach Hilfsheamter des Grafen für den Bereich einer 
Zentene beziehungsweise einer Vikarie; er hilft dem Grafen bei Aushebung der Heeres- 
piliehtigen, beim Fintreiben der BannbuBen, Friedensgelder und sonstiger Abgaben 
und Einkünfte, bei der Verfolgung von Verbrechern. Er unterstützt und entlastet 
den Grafen insbesondere im Gericht. Hált der Graf in der Vikarie Gericht ab, so ist 
der Vikar sein Beisitzer. Aber auch eine eigene Gerichtsbarkeit ist dem Vikar über- 
lassen, nämlich über eausae minores. Dabei läßt sich noch erkennen, daß in West- 
franzien die gerichtliche Kompetenz des Volkes anfangs größer war, so z. B. Frei- 
heitsprozesse und Grundbesitzstreitigkeiten einschloß, während später allgemein dem 
Grafen das Gericht über Leben und Tod, Freiheit und Grundbesitz vorbehalten ist. 
e) Der SehultheiB. 
Er ist der Schuldenheischer, er treibt die Schuldigkeit ein, ist also ein Exekutiv- 
beamter. Er erhebt die öffentlichen Gefälle und er vollstreckt Urteile. Nun aber 
gibt es nicht nur einen Schultheiß des Grafen, sondern bei jeder Art Obrigkeit kann 
sich das Bedürfnis nach einem solchen Vollzugsbeamten ergeben. Deshalb finden wir 
ganz verschiedenartige Schultheiße, z. B. auch herzogliche Schultheiße und Immuni- 
tätsschultheiße. Bei den Langobarden gab es feste SchultheiBenbezirke, sculdasiae. 
als Unterabteilungen des Herzogtums.!) Bei der Einverleibung des Langobarden- 
reiches in die fränkische Herrschaft wurden sie den frünkischen Unterbezirken, Vi- 
karien oder Zentenen gleichgestellt, der langobardische Schultheiß wird dem Zentenar 
(bunno, gogreve) und dem Vikar gleich. Auch sonst wird in Deutschland im Laufe der 
Zeit, je mehr es dem Grafen gelingt, den Zentenar aus einem Volksbeamten zu einem 
von ihm abhängigen Beamten zu machen, der Unterschied zwischen Zentenar und 
Schultheiß verwischt. Unter den Karolingern ist diese Verschmelzung eingetreten: 
Zentenar, Vikar, Schultheiß und Tribun werden vielfach geradezu gleichbedeutende 
Bezeichnungen. Bei den Nordsachsen und Thüringern wurde der Schultheiß aus dem 
Landadel entnommen: er ist dort auch Beisitzer im Grafengericht und kann den 
Grafen vertreten. 
d) Der Tribun. 
Der Titel Tribun kommt von dem gleichnamigen römischen Titel, der Offizier 
bedeutete. Auch der tribunus im fränkischen Reich kommt in der Bedeutung Offizier 
vor, als Befehlshaber einer Truppenabteilung. Daneben aber hat er in Friedenszeit 
einen Polizeioffizier bezeichnet. Als solcher befehligt er eine Polizeitruppe und hat 
die Aufsicht über die Gefängnisse. Auch hierin ist an das römische Vorbild angeknüpft, 
indem auch der römische Kerkermeister den Titel Tribun führte. In den westfränki- 
schen Gebieten hat der Tribun die Vollstreckung des Todesurteils, was sich aus der 
Stellung des Kerkermeisters entwickelt haben mag. 
Seine Stellung, über die noch manches unklar ist, war offenbar nicht überall genau die gleiche, 
so wird z. B. in alamannischen und rhiitischen Gebieten tribunus und Schultheiß als gleichbedeutend 
erwähnt. 
e) Der missus comitis 
ist ein Bevollmächtigter des Grafen für den ganzen Gau. Es ist nicht nötig, daß dies 
ein ständiger Beamter ist; der Graf kann jeden seiner Beamten zu seinem missus er- 
nennen, so daß dieser lokal eine bestimmte Beamtenqualität, etwa die des Schultheiß 
oder die des Zentenar haben kann, während er im Auftrag des Grafen als missus er- 
weiterte Funktionen hat. Nach Wahlafried Strabo hat es aber auch besondere missi 
1) Paulus Diakonus sagt von ihm aus: scultheizo rectorem loci dicunt. Tacian (Evangelien, 
althochdeutsche Übersetzung um 830, 108, 1, verwendet den Ausdruck scultheizo auch für einen wirt- 
schaftlichen Beamten gleich dem Meier, villicus. 
Grandri8 d, Geschichtewissonachaft II 8. 5. Aufl, 5 
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