Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
       
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
      
         
70 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
Schon in der Merowingerzeit begann man damit, Unireie, Ministerialen, militä- 
risch auszubilden und mit Waffen, — aber nicht mit der Lanze, — auszurüsten. Sie 
begleiteten den Herrn als Waffenknechte (exercitales) auf Heerfahrt, Fehde und Jagd. 
Mit beginnender Ausbreitung des Reiterdienstes wurden sogar Ministerialen auf das 
Roß gehoben und mit dem Speer des freien Mannes ausgerüstet. 
Die unterste Stufe der Unfreien bilden die in Haus und Hof zu allen Arbeiten 
und Diensten verwandten Haussklaven, die mancipia; sie konnten noch innerhalb 
des Reiches wie Sachen veräußert werden. 
Die Zahl der Unfreien war im fränkischen Reiche nicht zurückgegangen. Es 
waren im Gegenteil bei der gallischen Eroberung und sonstigen Kriegen viele Ge- 
fangene zu Knechten gemacht worden. In Neustrien bestand ferner noch Sklavenhandel 
und Import fremder Sklaven. In der Karolingerzeit gaben oftmals kleine verschul- 
dete Bauern selbst ihre Freiheit auf, auch freiwillige Selbstverknechtung aus an- 
deren Gründen kam noch vor, zuweilen in der Weise, daB die Verknechtung nur eine 
. bestimmte Zeit dauerte. Im übrigen rekrutierten sich die Unfreien durch Geburt. 
Wer von Knechten abstammte, war wieder Knecht. Dabei ist aber zu bemerken, daB, 
wenn ein Freier eine Unfreie seines eigenen Besitzes heiratete, die Kinder frei waren; 
heiratete er aber eine fremde Unfreie, oder heiratete eine Freie einen Unfreien. so 
wurden die Kinder Knechte. 
B. Die Rómer. 
In den Gebieten, die vor Chlodweg von den Franken in Besitz genommen waren, | 
also bis zur Somme, waren die Rómer gróBtenteils verdrángt worden; in den Gegen- 
den jedoch, die Chlodweg und seine Nachfolger eroberten, blieben die rómischen 
Provinzialen in groBer Menge erhalten, Nach Beendigung des Eroberungskrieges lieB 
man den Rómern ihren Grundbesitz und ihr Recht. Der Frankenkónig wollte móg- 
lichst an die Stelle des letzten rómischen patrieius treten, Es sollte also nur ein Per- 
sonenwechsel, kein Systemwechsel hier in Gallien vollzogen werden. Bei Streitig- 
keiten der Römer untereinander entschied, wie im burgundischen und westgotischen 
Reiche, das römische Recht, und es blieb auch im südlichen Gallien, wo die römische 
Bevölkerung am dichtesten saß, lange in Anwendung. Selbst Reste der römischen 
Staatseinrichtungen behielten für die Römer teilweise Kraft, besonders hinsichtlich 
des römischen Steuerwesens und in den Nachwirkungen der römischen Munizipalver- 
fassung. In den Römern gewann das fränkische Reich Untertanen, die an die Befehls- 
gewalt des Imperiums gewöhnt waren, was auf die Dauer auch auf die germanische 
evölkerung einwirken mußte. Anfangs wurde der Römer aus senatorischem Ge- 
schlecht dem freien Römer der plebs gleich geachtet. Das Wergeld beider betrug 
100 solidi, aber durch Eintritt in den fränkischen Königsdienst und in die Stellungen 
der höheren Geistlichkeit stieg das Ansehen der senatorischen Abkömmlinge wieder. 
C. Die Juden. 
O. SrosBE, Die Juden in Deutschland während des MA. 1866. J. E. SCHERER, Die Rechts- 
verhältnisse der Juden in den deutsch-österreichischen Ländern. 1901. BRUNNER, Rg. I?, $ 36. 
Die Juden wurden zunüchst von den Franken in derjenigen sozialen Stellung belassen, wie 
sie das römische Reich ihnen eingeräumt hatte. Sie waren schachernde Händler, die aber noch nicht 
den Großhandel an sich bringen konnten, solange dieser dem Abendlande durch die Syrer!) vermittelt 
wurde. Die Juden lebten wie zur Römerzeit nach eigenem Recht, jedoch waren sie in Kriminalfällen 
und in Streitigkeiten mit Christen dem Rechte des Stammes der Gegend, in der sie wohnten, unter- 
worfen. Durch Judenschutzbriefe ließen sich einzelne Juden eximieren und dem Schutze des Königs 
unterstellen. Sie zahlten dafür eine Abgabe an die königliche Kammer. Ein besonderes Wergeld der 
Juden ist nicht zur Anerkennung gekommen. 
1) Vgl. SCHEFFER-BOICHORST, Zur Geschichte der Syrer im Abendlande. MIÖG. Bd. 6. 
  
	        
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