Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
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Heerwesen 
5. Die Untertanenpflichten. 
Die fidelitas, die man im Untertaneneid dem Könige schwur, begründete im 
allgemeinen die Untertänigkeit, ohne daß ausdrücklich die Erfüllung bestimmter 
Untertanenpfliehten becidet wurde. Bei der Krönung empfing der König von den an- 
wesenden Großen den Huldigungseid, im übrigen nahmen ihn königliche missi für den 
König den Untertanen ab. Unter den letzten Merowingern fiel der Huldigungseid 
fort, weil es der Politik der Hausmeier nicht entsprach, die Untertanen für den Schat- 
tenkönig eidlich zu verpflichten. Erst Karl d. Gr. führte den Untertaneneid wieder 
ein, nicht etwa gleich zu Beginn seiner Regierung, sondern erst 789, und es folgte nach 
der Kaiserkrönung eine nochmalige Wiederholung des Eides im Jahre 802, dann 806 
nach der beabsichtigten Reichsteilung und 812 (813?) nach dem Tod seiner Söhne 
Pippin und Karl. Die zahlreichen Teilungspläne und Reichsteilungen, die immer 
wieder neue Veranlassungen zur Eidabnahme wurden, schwächten die Bedeutung des 
Huldigungseides. Der Treueid wurde abgenommen von allen Freien vom 12. Lebens- 
jahr an, sowie auch von Halbfreien und Unfreien, soweit sie Ämter oder Benefizien 
besaßen. Von Zeit zu Zeit wurde die inzwischen herangewachsene Jugend vereidigt. 
Die so beschworene Treue gab nun aber dem Königtume die Handhabe, jedes ver- 
meintliche Abweichen von dieser Untertanentreue als Majestätsverletzung aufzu- 
fassen und zu ahnden. Die ideale Treue hatt. deshalb zur Ergänzung ein System von 
Pflichten notwendig, deren Vernachlässigung den Tatbestand der Treuverletzung er- 
gab. Die hauptsächlichsten dieser Untertanenpflichten sind : allgemeine Wehrpflicht, 
Dingpflicht, Polizeiptlicht, óffentliche Abgabenpflicht. 
1. Wehrpflicht und Heerwesen. 
H. BRUNNER, Der Reiterdienst und die Anfänge des Lehnswesens in ZSavRg. 8; Derselbe, 
Rechtsgeschichte II, $ 87. P. Rorx, Benefizialwesen. S. 169f., 302f.; Derselbe, Feudalität. S. 232f. 
313f. Warrz, Vfy. 23, 2, S. 2051.; 42, S. 531 f. BALDAMUS, Das Heerwesen unter den späteren Karo- 
lingern, in GreRkES Untersuchungen 4, 1879. PRENZEL, Beitráge zur Geschichte der Kriegs- 
verfassung unter den Karolingern. I, 1887. WIPPERMANN, Aufgebotsbrief an Abt Fulrad. Progr. 
Attendorn 1886. Post, Das Fodrum. 1880. BoUTARIC, Institutions militaires de la France. 1863. 
v.SYBEL, Kônigtum. S. 396f. KAUFMANN, Deutsche Gesch. II, S. 2121. F. DAHn, Könige. 7, 2, S. 251 f. : 
8, 3, S. 212f. ARNOLD, Deutsche Gesch. 2, 2, S. 94f. HEUSLER, Vfg. S. 40f. 
a) Das Heer. 
Der Frankenstaat wurde gegründet durch das Volk in Waffen. Vor Chlodweg war 
e8 das gesamte Volk, das Volksheer, das die neuen Wohnsitze eroberte und besiedelte. 
Chlodweg selbst und seine Nachfolger haben nicht mehr alle Volksgenossen zu den 
Waffen rufen können, da das Reich zu groß wurde; aber die Heere, die sie aufstellten, 
kamen zustande auf der altgermanischen Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht, 
nur mit dem Unterschiede, daß des Königs Ruf nicht an alle Stämme gleichmäßig er- 
ging. In der Zeit der fränkischen Eroberung, wo die Belohnung aus Königsgut lockte, 
brauchte der Konig vielfach gar nicht erst zu den Waffen zu rufen; da stromte ihm 
der kriegerische Nachwuchs zu, der unter dem Konig Kriegsdienste leisten wollte, um 
dann von ihm mit Land beschenkt zu werden. Daß dieses Volksheer noch nicht immer 
und unbedingt dem Befehle des Kónigs gehorchte!), sondern zuweilen der Volkswille 
sich gegen den Kónigswillen Geltung verschaffte und den König in der freien Verfü- 
gung über das Heer einschrünkte, das ist schon berührt worden. GREGoR von Tours 
erwähnt mehrere Fälle, wo der König sich dem Willen des Heeres fügen mußte. Den 
Feldzug konnte der König nicht einfach befehlen, er mußte vielmehr sein Heer dazu 
überreden, er mußte die Notwendigkeit begründen, das Heer begeistern und mit sich 
fortreißen. Das tat Chlodweg vor dem Westgotenkrieg, das tat Theuderich vor dem 
1) Aber man darf auch umgekehrt nicht verallgemeinern und so weit gehen, daB man dem - 
König nur ein Vorschlagsrecht zubilligt. Hzevszer, Vfg. S. 50. 
    
   
    
    
     
    
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
      
     
      
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
	        
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