Full text: Betrieb von Fabriken

3. Die Arbeitsordnungen, 279 
laufe der Sache eine gewisse Mitverwaltung (durch Ordner, gewählte 
Beauftragte u. dgl.) zugestanden ist. Außerdem wird dem Gesagten 
hinzuzufügen sein, daß bei Fabriken, in denen eine nicht ganz un- 
bedeutende Zahl weiblicher Personen beschäftigt wird, die Mit- 
wirkung von Frauen im Arbeiterausschusse nicht nur zulässig, sondern 
sogar erwünscht ist, damit auf diese Weise die nötige Fühlung mit 
den Beteiligten erzielt und eine etwa vorhandene Scheu überwunden 
werden kann. 
Nachdem die Anhôrung der Arbeiter oder ihres Ausschusses er- 
folgt ist, hat der Fabrikunternehmer den Entwurf der Arbeitsordnung 
unter Mitteilung der schriftlich oder zu Protokoll seitens der Arbeiter 
ausgesprochenen Bedenken binnen drei Tagen nach dem Erlaß an die 
untere Verwaltungsbehörde!) einzureichen und dabei anzugeben, in 
welcher Weise den Beteiligten Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer 
Wünsche gewährt war. Die Behörde hat dann zu prüfen, ob der In- 
halt der Arbeitsordnung nicht gesetzlichen Bestimmungen zuwiderläuft 
und ob der Erlaß vorschriftsmäßig erfolgt ist. Findet sie in einer 
von beiden Beziehungen an der Arbeitsordnung etwas auszusetzen, SO 
hat sie zu verfügen, inwieweit noch dem Gesetze Genüge geschehen 
soll?) Gegen diese Anordnung steht binnen zwei Wochen die Be- 
schwerde an die höhere Verwaltungsbehörde frei (in Preußen der 
Regierungs-, in Berlin der Oberpräsident, in Württemberg und Bayern 
die Kreisregierung, in Sachsen die Kreishauptmannschaft, in den 
meisten anderen Bundesstaaten das Ministerium des Innern). 
Nun kann kein Zweifel daran bestehen, daß es für die Fabrik- 
leitung und auch für die übrigen Beteiligten vorteilhafter ist, wenn 
das behördliche, auf Abänderung einer ungesetzlichen Arbeitsordnung 
gerichtete Eingreifen dadarch vermieden wird, daß die getroffenen 
Bestimmungen nach allen Richtungen hin einwandfrei sind. Zur Er- 
reichung dieses Erfolges gibt es kein einfacheres Mittel, als wenn 
nach Anhörung der Arbeiter schon vor dem Erlasse die Arbeits- 
ordnung der unteren Verwaltungsbehörde mit der Anfrage vorgelegt 
wird, ob sie gegen die darin enthaltenen Vorschriften Bedenken hege. 
Eine verständige Behörde wird sich gegen den Antrag auf eine der- 
artige Vorprüfung nicht grundsätzlich ablehnend verhalten, denn sie 
1) In Preußen ist für Städte mit mehr als 10000 Einwohnern die Orts- 
polizeibehörde (in der Provinz Hannover regelmäßig der Magistrat), in kleineren 
Ortschaften der Landrat zuständig, in Bayern die Distriktspolizeibehörde, in 
Sachsen der Stadtrat oder die Amtshauptmannschaft, in Württemberg das Ober- 
amt, in Baden das Bezirksamt, in Braunschweig die Kreis- oder Polizeidirektion 
(letztere für den Braunschweiger Stadtbezirk). 
2) Wegen der Form der Aufstellung einer Arbeitsordnung vgl. Albrecht, 
Handbuch S. 204 Anlage 89; Hitze, Normalarbeitsordnung, Köln 1892; 
Soetbeer (desgl), Leipzig, RoBbergsche Hofbuchhandlung, 1892; Oppermann 
(desgl), Berlin 1896 u. a.m. (Nelken a.a. O. S. 784). 
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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