280 von Frankenberg: Die besond. gesetzl. Bestimmungen f. d. Fabrikbetrieb.
muß sich sagen, daß sie durch ihr Entgegenkommen sich selbst eine
Arbeit spart, die ihr alsbald nach dem Erlaf doch erwachsen würde,
und daB es der Durchführung der Arbeiterschutzgesetzgebung nur
dienlich sein kann, wenn die Verwaltungsstellen den Unternehmern
eine sachgemäße Auskunft nicht verweigern. Die württembergischen
Ausführungsvorschriften vom 26. März 1899 weisen die untere Ver-
waltungsbehórde sogar ausdrücklich an, solchen Anträgen auf vor-
làufige Prüfung des Entwurfs einer zu erlassenden Arbeitsordnung in
der Regel stattzugeben.
Wenn alsdann die behördliche Vorprüfung erfolgt ist und die
etwaigen Beanstandungen beseitigt sind, ist die Arbeitsordnung, bevor
sie ausgehängt und damit „erlassen“ wird, von demjenigen, der sie
erläßt, also dem Inhaber oder verantwortlichen Leiter der Fabrik oder
seinem Stellvertreter, mit Datum und Unterschrift sowie mit dem
Zeitpunkte ihres Inkrafttretens zu versehen. Dieser Zeitpunkt darf
frühestens 14 Tage hinter dem Tage des erfolgten Aushanges liegen,
damit unter Beobachtung der gesetzlichen oder einer kürzeren ver-
tragsmäßigen Kündigungsfrist die mit dem Inhalte der Arbeits-
ordnung nicht einverstandenen Arbeiter ihren Austritt vor Wirksam-
keit der neuen Bestimmungen erklären können.
Der Aushang der Arbeitsordnung muß an einer geeigneten,
allen beteiligten Arbeitern zugänglichen Stelle erfolgen und stets in
lesbarem Zustande erhalten, also nach Bedarf erneuert werden. Es ist
nicht unbedingt notwendig, daß die Arbeitsordnung an mehreren
Stellen in der Fabrik ausgehängt wird. Wenn es aber an einem
geeigneten Platze fehlt, an dem täglich die gesamte Arbeiterschaft
vorübergeht, wenn insbesondere die Fabrik mehrere Ein- und Aus-
gänge für die Arbeiter hat, so wird es zweckmäßig sein, an jedem
derselben einen Aushang anzubringen; daneben mag auch in den Ver-
sammlungs-, Umkleide- oder Speiseräumen, im Kontor oder in dem
Raume, in welchem die Lohnzahlung stattzufinden pflegt, eine Arbeits-
ordnung ausgehängt werden. Vor allem ist zu beachten, daß für die-
'jenigen Arbeiter, welche bestimmte Arbeitsplätze nur ausnahmsweise
zu betreten pflegen (z. B. für Fabrikkutscher) der Aushang in jenen
Innenräumen nicht genügt.
Die R. G.O. geht aber noch weiter: sie schreibt vor, daß jedem
Arbeiter bei seinem Eintritt in die Beschäftigung die Arbeits-
ordnung zu behändigen ist, damit er Muße hat, zu Hause die
einzelnen Bestimmungen sich genauer anzusehen. Die Gültigkeit
der ordnungsmäßig erlassenen Arbeitsordnung ist von der Beobach-
tung dieser Bestimmung nicht abhängig gemacht. Der Arbeiter, der
aus irgendwelchen Gründen die Arbeitsordnung nicht erhält, ist ihr
ebenso unterworfen wie derjenige, der sie erhält und nicht durchliest.
Es wird aber derjenige Fabrikbesitzer oder -Leiter, der es unterläßt,