Full text: Betrieb von Fabriken

  
  
  
989 von Frankenberg: Die besond. gesetzl. Bestimmungen f, d. Fabrikbetrieb. 
lichen Tagesverdienstes des betreffenden Arbeiters nieht übersteigen; nur 
diejenigen Strafen, welche wegen Tütlichkeiten gegen Mitarbeiter'), 
wegen erheblicher Verstöße gegen die guten Sitten und gegen die 
zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Betriebes, zur Sicherung des 
gefahrlosen Betriebes oder zur Durchführung der R.6G.O. erlassenen 
Vorschriften verhüngt werden, dürfen den vollen Betrag des Tagelohnes 
erreichen, niemals aber übersteigen. Die Bemessung der Strafe kann 
von Fall zu Fall innerhalb dieses Strafrahmens dem Fabrikbesitzer 
überlassen bleiben (Kolisch Anm. 4 zu $ 134 b S. 256 f£). 
Betreffs der Einziehung der Strafen herrscht Streit darüber, ob 
trotz der Vorschrift in 8 394 des B.G.B., wonach Aufrechnung gegen 
Lohnforderungen grundsätzlich nicht erlaubt ist, die Einbehaltung 
der Strafbeträge durch Lohnabzug erfolgen kann. Um in dieser 
Beziehung zu dem richtigen Ergebnisse zu gelangen, muß man sich 
vergegenwirtigen, daß die R.G.O. ein Sondergesetz ist, auf welches 
nicht ohne weiteres alle Bestimmungen des allgemeinen Rechtes, also 
auch des B.G.B. Anwendung finden, und daß diejenigen Vorschriften 
des Sonderrechtes, welche nicht durch ausdrückliche Anordnung bei 
Inkrafttreten des B.G.B. außer Kraft gesetzt sind, in voller Wirk- 
samkeit bleiben. Wie dies z. B. von den Einzelbestimmungen über 
Kündigungsfrist gilt, so mub es auch von dem Lohnabzugsrecht bei 
Ausübung der Strafbefugnis gelten. Denn 8 184b R.G.O. läbt in 
Nr. 2 und Nr.4 ausdrücklich freie Hand, in der Arbeitsordnung über 
die Art der Abrechnung?), über die Art der Festsetzung und der Ein- 
ziehung von Geldstrafen etwas vorzuschreiben; dabei mubte man sich 
sagen, daB die einfachste, natürliehste, ja man kann sagen, die all- 
täglichste Beitreibung im Lohnabzug liege. Die verhängten Strafen 
müssen. ohne Verzug festgesetzt, zur Kenntnis des Arbeiters gebracht 
und in ein Verzeichnis eingetragen werden, das den Namen des 
Bestraften, den Tag der Bestrafung, den Grund und die Höhe der 
Strafe enthält und auf Verlangen den Polizei- und Gewerbeaufsichtsbeamten 
vorzulegen ist. Andere als die in der Arbeitsordnung vorgesehenen 
Strafen darf der Fabrikherr nicht verhängen. Die Strafgelder müssen 
„zum Besten der Arbeiter“ der Fabrik verwendet werden. Es genügt 
aber nicht, wenn dies ganz unbestimmt und allgemein in der Arbeits- 
ordnung gesagt wird, es muß vielmehr in irgendeiner näheren Weise 
1) Es steht nichts entgegen, wenn manche Arbeitsordnungen Tätlichkeiten 
unter Mitarbeitern als Grund zur sofortigen Entlassung aufführen, während die 
allgemeine Gesetzvorschrift (8128 Nr.5 R.G.O.) nur von Titlichkeiten gegen 
Vorgesetzte spricht und Nr.7 daselbst nur auf Anstiftung von Mitarbeitern zu 
Tatlichkeiten gegen Mitarbeiter bezogen werden kann. 
2) Auch Kayser-Steiniger Anm.5 zu $ 184b R. G. O. versteht hierunter 
die Möglichkeit von Lohneinbehaltungen; vgl Kolisch Anm. 1 zu $ 184 b 
S. 256.
	        
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