Full text: Betrieb von Fabriken

  
  
  
  
  
  
499 R. Stegemann: Betriebseinrichtungen fiir die Wohlfahrt der Arbeiter. 
Turnvereine haben sich derart entwickelt, daB sie sich dem Harburger und dem 
Hamburger Turngau als selbständige Vereine anschließen konnten. Sie haben 
ihren Ehrgeiz darauf gerichtet, Hervorragendes zu leisten, so daß sie sich bei 
verschiedenen Wetturnen der Umgegend beteiligt und auch schon Preise erzielt 
haben. Die beiden Turnstunden zerfallen in vier Teile von der Dauer je einer 
halben Stunde. In der ersten halben Stunde pflegen die Turner das sogenannte Kür- 
turnen: jeder sucht das seiner Neigung entsprechende Gerät auf, um sich nach 
Herzenslust zu tummeln, Dann wird in Riegen angetreten. Den Riegen stehen 
Vorturner vor, deren Auswahl Sache des Turnlehrers ist. Jeder Vorturner führt 
ein Riegenbuch, in welches der jedesmalige Besuch regelmäßig eingetragen 
wird. Das Riegenturnen geschieht nach einem vom Lehrer ausgearbeiteten Plan. 
In Händen jedes Vorturners befindet sich eine gedruckte Sammlung von logisch 
zusammenhängenden Übungsgruppen. Der Plan ist so eingerichtet, daß jedes 
Gerät von derselben Riege in vier Wochen ein- oder zweimal in Gebrauch 
genommen wird. Nach Verlauf der zweiten halben Stunde tritt Gerütewechsel 
ein. Es wird streng darüber gewacht, daB niemand an ein Gerät herantritt, 
ohne sich genügender Aufsicht oder Hilfeleistung versichert zu haben. Es wird 
namentlich darauf hingearbeitet, daB der 'Turner sich einer freien und natür- 
lichen Kórperhaltung befleiBige, selbst bei der elementarsten Übung. Nach den 
Geräteübungen werden Ordnungs- und Freiübungen vorgenommen. Diese hReihen- 
folge ist gewählt, um dem durch die Übungen an den Geräten erhitzten Körper 
Zeit zu allmählicher Abkühlung zu lassen. Oft schließt sich an das Turnen selbst 
ein Turnspiel an, namentlich bei günstiger Witterung im Sommer, zu welcher 
Zeit der neben der Turnhalle belegene, mit Bäumen bepflanzte Hof zur Ver- 
fügung steht. Im Sommer werden auch hin und wieder Turnfahrten veranstaltet. 
Der Gewinn, den die jungen Leute durch das Turnen haben, liegt einesteils 
auf erziehlichem Gebiete, anderseits konnte in dem hier geschilderten Fall 
durch ärztlicherseits angestellte, zwei Jahre hindurch fortgesetzte Messungen 
eine ganz eklatante Wirkung auf die körperliche Entwickelung der jungen Leute 
nachgewiesen werden. 
'€) Festlichkeiten. 
Nicht eigentlich als Wohlfahrtseinrichtung, sondern als eine Probe 
darauf, wie die sonst bestehenden Wohlfahrtseinrichtungen gewirkt 
haben, als eine Probe auf den Geist, der in der Fabrik herrscht, sind 
die Festlichkeiten aufzufassen, die von Fabrikleitern für ihre Arbeiter 
veranstaltet werden. Gelingen können sie nur, wenn schon vorher ein 
gutes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitern herrschte. 
In diesem Fall tragen sie aber gewiß nicht wenig zur Förderung der 
persönlichen Beziehungen zwischen beiden bei. Oft knüpfen die Fabrik- 
feste an Erinnerungstage des Unternehmens, des Fabrikleiters oder 
Gründers an, manchmal wird das Weihnachtsfest von Fabrik wegen 
festlich begangen. Háufig werden die Fabrikfeste auch mit den Arbeiter- 
jubilien verbunden, und die Zusammengehürigkeit von Fabrikherrn 
und Arbeiter findet dann wohl in dem feierlichen Moment des Tages 
ihren sichtbaren Ausdruck in der Verleihung des Fabrikehrenzeichens 
an die Jubilare. Eine Reihe von Fabriken besitzt für solche Festlich- 
keiten zum Teil glänzend ausgestattete Räume in prächtigen Gehäuden. 
Andere feiern ihre Feste in Gottes freier Natur, und es ist glücklicher- 
P MI Neue
	        
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