432 R. Stegemann: Betriebseinrichtungen fiir die Wohlfahrt der Arbeiter.
mal der hohen Kosten wegen und ferner weil Stipendien und Stiftungen
für Bildungszwecke in Deutschland lange nicht in so reichem MaBe
vorhanden sind wie etwa in Amerika und England. Zu den bekannteren
Beispielen gehört die Stiftung, die zur Erinnerung an einen Kaiserbesuch
in der Gußstahlfabrik von Friedr. Krupp in Essen 1890 errichtet wurde.
Sie bestimmt, daB alljahrlich 12000.# aus Privatmitteln des Stifiers zu
Stipendien für Söhne von Meistern und Arbeitern der Firma, welche sich eine
bessere technische Ausbildung aneignen wollen und durch Fleiß, Wohlverhalten
und Fähigkeiten sich auszeichnen, verwendet werden. Die Stipendien werden
auf Vorschlag eines Ausschusses, der aus einem Ressortchef, einem Betriebs-
führer, zwei Meistern und drei Arbeitern besteht, vom Direktorium bewilligt
und so bemessen, daß sie einen wesentlichen Beitrag zu den Ausbildungskosten
ausmachen. Nur in besonders dazu geeigneten Fällen wird das Stipendium in
der zur vollen Deckung der Kosten ausreichenden Höhe gewährt. Kommt in
einem Jahre nicht die ganze ausgesetzte Summe zur Verwendung, so bildet der
Rest einen Zuwachs für spätere Jahre. — Eine ähnliche Stiftung besteht bei der
Firma Cornelius Heyl in Worms.
e) Sonntagsschulen.
Die Einrichtung des Kindergottesdienstes in sogenannten Sonntags-
schulen ist im allgemeinen nicht Sache der Fabrikanten. Vielmehr
werden die nahezu 6000 Sonntagsschulen, die in Deutschland bestehen,
von den kirehlichen Organen unter besonderer Fórderung durch den
seib 1885 bestehenden ,Verein zur Forderung der Sonntagsschulsache
in Deutschland“ betrieben. Die Sonntagsschulen haben sich die Auf-
gabe gestellt, die Kinder in einer ihrem Verständnis angemessenen
Weise religiös zu erbauen. Diese Aufgabe haben einige größere
Fabriken für die Kinder ihrer Arbeiterschaft selbst mit übernommen.
Die Firma C. Bolle, Berlin, hat nach dem an Sonntagsschulen gebräuchlichen
Elberfelder Lehrplan einen Kindergottesdienst eingerichtet, der von etwa 850
sechs- bis fünfzehnjührigen Kindern besucht wird. Der Unterricht findet in der
Hauskapelle statt und wird von einem Hausgeistlichen mit Unterstützung von
etwa 20 Helfern und Helferinnen, die zum größten Teil dem Personal angehören,
erteilt. Die Firma veranstaltet außerdem für die Besucher der Sonntagsschule
eine Weihnachtsbescherung, Ostereiersuchen und einen jährlichen Ausflug. Die
Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 1000 /. Weitere Ausgaben erwachsen der
Firma durch die Sonntagsschule nicht.
Bei der Augsburger Kammgarnspinnerei besteht seit 1879 eine Sonntags-
schule, die von 40 bis 50 Kindern besucht wird. Die Kinder sind dem Alter
nach in Gruppen von durchschnittlich 7 bis 8 Kindern geteilt; jeder Gruppe
steht ein Lehrer oder eine Lehrerin vor.