50
Abschnitt VII. Engere Submission.
die Wahl unter den Bewerbern steht nicht frei,
da nach den bestehenden Bestimmungen dem billigsten der
Zuschlag erteilt werden muß. Die Ergebnisse gelangen selten
zur allgemeinen Kenntnis. In Wirklichkeit wird häufig nicht
eine einmalige bindende Offerte abgegeben, sondern es finden
eine Reihe von Verhandlungen mit den auserwählten Firmen
statt. In einem Falle wurde jeweilig der billigste gegen die
anderen Bewerber solange ausgespielt, bis durch Preisverminde-
rung ein der Veranschlagung entsprechender Preis erreicht
war. Ein noch einfacheres engeres Ausschreibungsverfahren
hat kürzlich ein großes städtisches Werk einer westfälischen
Industriestadt angewendet. Der Direktor des Werkes bewilligte
den aufgeforderten Firmen für jedes KW einer neu zu be-
schaffenden elektrischen Anlage einen bestimmten Höchstpreis
und ließ sich daraufhin bindende Offerte einreichen. —
Die Ergebnisse der engeren Ausschreibungen weisen keine
so großen Unterschiede als die der öffentlichen Submissionen auf.
Der Verein deutscher Werkzeugmaschinenfabriken zu Düssel-
dorf spricht sich für Nichtbeteiligung an öffentlichen Verdin-
gungen von Staatsbetrieben aus und wünscht die beschränkte
Vergebung von Lieferungen. Der Verein machte am 24. De-
zember 1910 folgende bemerkenswerte Eingabe an das König-
liche Eisenbahn-Zentralamt Berlin:
„Dem Königlichen Eisenbahn-Zentralamt beehren wir uns unter
ergebener Bezugnahme auf eine im Herbst 1909 den beiden Vorsitzenden
des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken gewährte Unter-
redung und sich daranschließenden Empfang bei dem Herrn Präsi-
denten zur Kenntnis zu bringen, daß die Königliche Eisenbahnwerk-
stätte Witten soeben eine öffentliche Verdingung auf eine Lochstanze
und Profileisenschere ausgeschrieben hat.
Wenngleich nach der bei Gelegenheit jenes Besuches unserer Ver-
treter im Königlichen Eisenbahnzentralamt hinsichtlich der Verdin-
gungen gemachten Eröffnung bei grundsätzlicher Anwendung des Systems
der beschränkten Verdingungen die Öffentliche Ausschreibung der
Lieferung von Werkzeugmaschinen der Eisenbahnwerkstätte nicht ver-
wehrt werden könne, so glauben wir doch, unserem Bedauern über
diese neueste Abweichung von der Regel Ausdruck geben „zu dürfen.
Denn es scheint uns hier ohne Not der Weg der Öffentlichkeit
beschritten worden zu sein, der zu einer Benachteiligung der leistungs-
fähigen deutschen Fabriken und zur Begünstigung der Händler führt,
die ihrerseits auch dem ausländischen Mitbewerb durch ihre Tätigkeit
Vorschub leisten und die erforderliche Gewähr für Lieferung guter
Erzeugnisse naturgemäß nicht bieten können. Auf die Sicherheit, die
anerkannte inländische Betriebe für die Versorgung der staatlichen
Werkstätten mit guten, zuverlässigen Maschinen bieten, kommt es aber
doch bei den Lieferungen an, weshalb es eben von der maßgebenden
obersten Stelle als richtig anerkannt worden ist, daß im allgemeinen
nur als leistungsfähig bewährte Fabriken zur Einreichung von Ange-
boten aufgefordert werden sollen. Ob im gegenwärtigen Falle ein