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Abschnitt XI, „Die Interessengemeinschaft.
. Einige Interessengemeinschaften aus den letzten Jahren sind
des allgemeinen Interesses halber auf den folgenden Seiten an-
geführt. Nach Möglichkeit ist auch angegeben, welche Gründe
für die Bildung und Auflösung der Gemeinschaft ausschlag-
gebend waren,
Interessengemeinschaften aus der Maschinenindustrie!.
1902. Gründung einer Interessengemeinschaft zwischen der Ma-
Schinenfabrik Eßlingen in Eßlingen und der Maschinen-
fabrik G. Kuhn G. m, b. H. in Stuttgart-Berg. Die beiden
Werke sind die größten in Württemberg und suchen durch Zusammen:
arbeiten eine größere Rentabilität zu erzielen.
1905. Gründung einer Interessengemeinschaft zwischen Arthur
Koppel A.G. in Berlin und der Akt.-Ges. für Feld- und Klein-
bahnbedarf vorm, Orenstein & Koppel in Berlin: Dauer
35 Jahre. Vertrag: „Der beiderseitige Jahresgewinn wird zusammen-
geworfen und nach dem Verhältnis der jeweiligen Aktienkapitalien und
Reserven verteilt,“ Auf Grund dieses Vertrages hatte die A.G. Oren-
stein & Koppel an Arthur Koppel A.G. für 1905: 20489 Mark und für
1907: 217000 Mark zu zahlen und diese Firma 1906 an A.G. Orenstein &
Koppel 22 602 Mark. Ein Delegationsrat wurde für zu entscheidende
Streitigkeiten ernannt. Außerdem war festgesetzt, daß in dem Auf-
sichtsrat der beiden Gesellschaften zwei Vorstandsmitglieder und ein
Aufsichtsratsmitglied der anderen Gesellschaft vertreten waren. Der
Hauptgrund für den Interessenvertrag war darin zu suchen, daß die
beiden Gesellschaften möglichst eine gegenseitige Konkurrenz vermeiden
wollten, zumal eine große Zahl von Zweigniederlassungen an den Haupt-
absatzplätzen vorhanden waren. Streitigkeiten über Auftragszuwen-
dung, eine Folge des Ressort-Partikularismus einzelner Vertreter, führte
zu öfterem Eingreifen des Delegationsrates, Die Folge war schließlich
die Fusion der beiden Gesellschaften, da eine Trennung aus schon an-
gegebenen Gründen nicht gut möglich war.
Eine weitere Interessengemeinschaft entstand zwischen den
Stahlbahnwerken Freudenstein & Co. A.G. in Berlin und der
AG.für Feld- und Kleinbahnbedarf (Orenstein & Koppel)
ebenfalls im Jahre ]905. Vertragsmäßig mußte die A.G. Orenstein &
Koppel der Freudenstein-Gesellschatt für die Dauer von 35 Jahren
eine Dividende zahlen, welche jedesmal die Hälfte der auf Orenstein
& Koppel entfallende Dividende betragen soll. Außerdem hatten die
Aktionäre der Freudensteingesellschaft das Recht, ihre Aktien gegen
Aktien der A.G. Orenstein & Koppel derart einzutauschen, daß auf
je 5 Stück Aktien der Stahlbahnwerke 3 Aktien von Orenstein &
Koppel entfielen, also auf das Aktienkapital von Freudenstein von
2000 000 Mark 1200000 Mark neue Aktien von Orenstein & Koppel
gewährt wurden. 1906 wurde die Auflösung der Freudensteingesell-
schaft und Fusionierung mit der A.G. für Feld- und Kleinbahnbedarf
geschlossen, so daß nunmehr nur noch Arthur Koppel und Orenstein &
Koppel eine Interessengemeinschaft hatten. Im Jahre 1909 traten je-
doch durch die bessere Rentabilität der Firma Orenstein & Koppel
Konflikte ein, dazu hatte Arthur Koppel Verluste durch Veruntreuungen
eines Prokuristen erlitten, so daß schließlich die Fusion beschlossen
wurde,
} Entnommen dem Handbuch der Aktiengesellschaften.