Urteile der Gerichte über Veräbredungen.
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dorfer Elektrizitätswerk hatte als Baugesellschaft die Ausführung der
Arbeiten übernommen. Das Elektrizitätswerk ließ eine Submission
ausschreiben, um Unternehmer für die Erdarbeiten und andere für die
Brückenarbeiten zu gewinnen. Nunmehr trafen 4 Bauunternehmer in
Kiel ein Abkommen darüber, wie sie sich gegenüber der Submission
verhalten wollten. Als Resultat kam ein Beschluß zustande, daß eine
Firma ein Mindestgebot für die Brückenarbeiten, eine andere ein solches
für die Erdarbeiten abgeben sollte: dagegen sollten die anderen Firmen
entsprechend höhere Gebote abgeben. Wenn eine der Firmen, die das
Mindestgebot abgegeben hatte, den Zuschlag für eine der Arbeiten
erhalten sollte, so hatte sie 1000 Mark an die andere Firma zu zahlen.
Im Falle eine Firma mit dem höheren Angebot den Zuschlag erhalten
würde, so sollte sie 2000 Mark an diejenige zahlen, die das Mindestangebot
abgegeben hatte. Wenn aber eine für die Erdarbeiten vorgesehene
Firma sämtliche Arbeiten erhalten sollte, so sollte die jetzt klagende
Firma doch als Subunternehmerin die Brückenarbeiten in Auftrag be-
kommen. In Wirklichkeit erhielt dann auch die Firma St. &G,
sämtliche Arbeiten für den Preis von 60000 Mark zugeschlagen. Es
entstand nun ein Streit zwischen den Parteien wegen Übertragung der
Brückenarbeiten, Die Klägerin verlangte, daß ihr die Brückenarbeiten
übertragen, oder daß an sie eine Abfindungssumme von 9000 Mark
gezahlt würde.
Die Klage wurde vom Landgericht und dem Oberlandes-
gericht Kiel abgewiesen, und zwar deshalb, ‚weil nach der
Ansicht des Gerichtes die vier Unternehmer das Übereinkommen
nur zur Täuschung der Bauherrin eingegangen seien. Das
Versprechen der Übertragung der Brückenarbeiten sei allerdings
kein Verstoß gegen die guten Sitten. Nur die Einstellung
von höheren Preisen sei nicht berechtigt, da das Mindesgebot
dadurch besonders günstig erscheint, und die Bauherrin doch
annehmen mußte, daß die höheren Gebote auf Grund genauer
Berechnung abgegeben wurden und deshalb angemessen seien.
Diesen Teil des Vertrages erklärte das Gericht als gegen die
guten Sitten verstoßend, und deshalb war auch nach $ 139 des
Bürgerlichen Gesetzbuches der ganze Vertrag ungültig. Das
Reichsgericht hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben
und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung
an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. (Aktenzeichen 3,
444/10.)
Ähnliche Verabredungen über Preise sollen auch in der
Maschinenindustrie vorgekommen sein. Wegen nicht genauer
Kenntnis des Sachverhaltes dieser Fälle wurden die obigen
beiden Beispiele aus dem Baufach angeführt.