Besonders anmuthig ist die Männertracht um Tegernsee und Schliersee. In den dazu
gewählten Stoffen und Farben ist zwar keine besondere Veränderung bemerkbar, aber der Zu—
schnitt ist kleidsamer und wird gehoben durch vielerlei farbige Steppnähte, Schleifen und
Stickereien. Die braungraue Joppe ist kürzer, die halb offene grüne Tuchweste mit den silbernen
Kugelknöpfen läßt den rothwollenen gestickten Hosenträger, sowie auch das rothseidene Halstuch
auf dem weißen Grunde des Hemdes sehen. Die schwarzen Lederhosen sind weiter und kürzer,
an den Nähten in Verzierungen gestickt und am unteren Rande mit grünen Schleifen geschmückt.
Dicke Wadenstrümpfe von bräunlich grauer oder von weißer, bei Jägern auch von grüner
Wolle mit vielen sich wiederholenden Verschlingungen in weißer oder grüner Farbe benäht,
decken die Unterschenkel bis zum Knöchel, dieser aber bleibt bis zum Rande der hohen Binde—
schuhe unbedeckt, wie oberhalb zwischen Strumpf und Hosen das Knie. Der grüne oder auch
schwarze Hut von Filz mit rundem Kopf ist von einer hellgrünen seidenen Schnur umgeben
und je nach Wahl mit verschiedenen Alpenzeichen, Gemsbart, Hahnenfedern, Alpenblumen und
Cocarden zum Befestigen dieser Einzelheiten geschmückt. Auch das Besteck, bestehend in Messer,
Gabel und Löffel von Silber oder mit silbernen Beschlägen in schwarzer Lederscheide, welches
aus der rechten Hosentasche herausschaut, fehlt bei dieser Tracht nie.
Die Frauentracht ist in Oberbayern fast noch gleichmäßiger als die der Männer. Die
buntblumigen Röcke mit den kleidähnlichen Taillen haben den früheren und originelleren
Trachtengebrauch, wo das Leibchen von anderer Farbe wie der Rock ist, schon zum größten
Theil verdrängt. Bei der alten Tracht reichen die am Leibchen befestigten Aermel nur bis zum
Ellenbogen und der Rock ist in der Mitte durch einen dunkelfarbigen Querstreifen verziert.
Die Uebertaille oder das Mieder, welches küraßähnlich die Rocktaille bedeckt, ist von
glänzend schwarzem Orleans und mit Fischbeinstäben ausgesteift; es wird nicht in der vorderen
Mitte, sondern etwas mehr an der Seite zugehakt und durch schmale Spangen, welche aber
jederzeit durch das Halstuch verdeckt sind, auf den Schultern festgehalten. Auf der vorderen
Hälfte sind zu jeder Seite je sechs silberne Agraffen mit Haken angebracht, durch welche das
„Geschnür“, der reiche Schmuck der silbernen Ketten, gezogen ist, und an diese sind dann wieder
verschiedene Anhängsel in Form von runden oder viereckigen Medaillen, von in Silber gefaßten
Fähnen oder auch Vogelkrallen, Amuletten u. dergl. befestigt. Ebenso kostbar ist auch das
silberne Kettenhalsband mit dem goldenen, durch bunte Steine reich verzierten Schloß.
Das Halstuch ist bei so kostbarem Schmuck dann von farbiger Seide mit buntgewirkter
Blumenborte, bei der gewöhnlichen Wochentagstracht aber nur von Rattun oder Halbwolle,
ebenso verhält es sich mit der Schooßjacke, welche ich aber nur bei alten Frauen gefunden
habe, und mit der Schürze, die weit und faltenreich ist und deren Bänder vorn in
Schleifen herabhängen. Die Strümpfe sind weiß oder blau und die hohen Schuhe von
schwarzem Leder.
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