Full text: Photographisches Praktikum

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84. Das Wesen der Farbenphotographie. 
Alkohol) zo ccm und Akridinorange (1 : 500 Alkohol) 10 ccm von Leonhard 
(L. Casella in Frankfurt a. M.). 
Die Emulsion wird sofort, ohne sie weiter zu erwärmen, in bekannter Weise 
auf Platten vergossen. Die Glasplatten werden sauber geputzt, aber nicht 
vorpräpariert. Die Emulsion wird auf die Plattenmitte gegossen, gleichmäßig 
verteilt und dann möglichst viel davon abgegossen. Die Schicht darf nur ganz 
dünn sein und wird auf einer gekühlten, nivellierten Platte erstarren gelassen. 
Dann wäscht man die Platten 10 Minuten in fließendem Wasser und läßt 
sie stehend trocknen. Größte Empfindlichkeit wird erst durch längeres 
Lagern erreicht. Die weitere Verarbeitung geschieht nach den bekannten 
Vorschriften. 
Zu der Belichtung in der Kamera bringt man die Schichtseite 
der Platte unter Benutzung einer besonders konstruierten Kassette (C. Zeiß 
in Jena) in unmittelbare Berührung mit flüssigem, metallischem 
Quecksilber und läßt das Licht von der Glasseite einfallen, nach- 
dem es ein Kompensationsfilter passiert hat. Hierdurch werden die ein- 
tretenden Lichtwellen, nach dem Passieren des Glases und der empfindlichen 
durchsichtigen Schicht, von dem als Spiegel wirkenden Quecksilber reflektiert 
und bilden mit den auffallenden . Strahlen innerhalb der Schicht 
stehende Lichtwellen. Die Wellen schwingen, wobei sie sich verstärken 
oder aufheben, und sind durch die unbeweglich bleibenden dunklen Schwin- 
gungsknotenpunkte <> << ><D voneinander getrennt. Dort, wo die Wellen 
sich verstärken, also ihr leuchtendes Schwingungsmaximum haben, findet 
innerhalb der Bromsilberschicht eine Lichtwirkung statt, und nach dem 
Entwickeln in gewöhnlicher Art bilden sich daselbst mikroskopisch dünne, 
spiegelnde und durchlässige Silberteilchen oder Silberlamellen, die sogenannten 
„Zenkerschen Blättchen‘, deren Abstand der verschiedenen 
Wellenlänge des farbigen Lichtes entspricht, aber immer nur Millionstel 
Millimeter beträgt. In der Schicht entstehen ungefähr 200 solcher über- 
einander liegender Blättchen. Wenn man ein solches Bild in schräg auf- 
fallendem Lichte unter einem bestimmten Winkel betrachtet, so werden 
die den verschiedenen Wellenlängen entsprechenden Strahlen reflektiert und 
man bemerkt dann ein überraschend schönes, durch Interferenz in allen 
natürlichen Farben schillerndes positives Bild. Diese sogenannten Inter- 
ferenzfarben (Scheinfarben ‚wie bei Seifenblasen) kommen dadurch 
zustande, daß nur Farben gleicher Wellenlänge die einzelnen Schichten 
passieren können. In der Durchsicht erscheint das Bild negativ, und 
es lassen sich die komplementären Farben, wenn auch nur undeutlich, er- 
kennen. Für das Lippmannsche Verfahren geeignete, kornlose Trockenplatten 
nebst Zubehör werden u. a. von den Firmen Kranseder & Co. in München 
und R. Jahr in Dresden erzeugt. 
Dieses einzige Verfahren der direkten Farbenphotographie ist vom 
wissenschaftlichen Standpunkt, nämlich zur Bekräftigung der Theorie von 
der Wellennatur des Lichtes, äußerst interessant und lehrreich. Es besitzt 
aber keinen praktischen Wert, weil die kornlosen Platten sehr wenig empfind- 
lich sind und daher eine sehr lange Belichtungszeit erfordern, z. B. Land- 
schaften bei Sonnenbeleuchtung mehrere Minuten. Die Bilder erscheinen auch
	        
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