Full text: Geschichte der neueren Philosophie

85 DESCARTES. 
zu verändern. Neben Gott als der primären erscheinen die Bewegungs- Wortlaut n: 
gesetze als die sekundären Ursachen der Bewegung. Das erste ist das unwillkomm 
unter dem Namen Trägheitsgesetz geläufig gewordene: Jedes Ding be- Hypothese 
harrt, soviel an ihm ist, stets in dem (sei es ruhenden oder bewegten) Wirbel odeı 
Zustande, in welchem es sich befindet, und ändert denselben nur infolge Planeten m 
einer äußeren Ursache. Das zweite dieser für die Mechanik sehr wert- Wandelsterr 
vollen Gesetze lautet: jeder Stoffteil ist bestrebt, eine begonnene Be- Himmelsma 
wegung in gleicher Richtung, also in gerader Linie fortzusetzen, und die Welt mi 
weicht von ihr nur ab, wenn ein anderer Körper ihn dazu nötigt, wie er die Vorz 
das bei dem vorhin geschilderten Kreise der Fall ist. Den Grund für den Bewegı 
diese Gesetze sieht Descartes in der Unwandelbarkeit Gottes und der zum Zweck 
Einfachheit seiner welterhaltenden (d. h. die Welt fortdauernd schaflen- diene der ] 
den) Thätigkeit. Das dritte Gesetz betrifft die Mitteilung der Bewegung, sich, wie di 
wobei die Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung nicht in derjenigen Wir ge 
Allgemeinheit anerkannt wird, die ihr zukommt. Begegnet ein bewegter Seele und 
Körper einem anderen und ist seine Kraft (sich in gerader Richtung 
fortzubewegen) geringer als der Widerstand des anderen, auf den er 
trifft, so behält er seine Bewegung, aber in veränderter Richtung, er prallt 
nach der entgegengesetzten Seite zurück. Ist dagegen seine Kraft größer, Wie a 
so führt er den anderen mit sich fort und verliert so viel von der eigenen Zwischen } 
Bewegung, als er jenem mitteilt. Die angereihten sieben weiteren Regeln ein Gradur 
enthalten manches Fehlerhafte. Unter Leugnung der Fernewirkung führen ihre 
werden alle Bewegungserscheinungen auf Druck und Stoß zurückgeführt. Naturkörpe 
Der Unterschied der festen und flüssigen Körper beruht auf der geringeren genommen 
oder größeren Beweglichkeit ihrer Teile, so zusamm 
In dem nur kurz zu skizzierenden speziellen Teile der Physik, Statue des 
welcher zunächst die Himmelserscheinungen, sodann die irdischen be- Künstler ei 
handelt, leitet unseren Philosophen der Grundsatz, daß wir von Gottes Kunstwerk 
Macht und Güte nicht zu hoch, von uns selbst nicht zu gering denken eines wicht 
können. Es ist Anmaßung, die Zwecke durchschauen zu wollen, welche der Leichn 
Gott bei der Weltschöpfung im Auge hatte, uns für Teilhaber seiner Folge des 
Pläne zu halten und uns einzubilden, die Dinge seien bloß um unseret- Körper da 
willen da: es giebt vieles, was kein Mensch erblickt und was niemandem sie die Ve 
nützt. Nichts darf aus Zwecken, alles muß aus den klar erkannten dieselbe 16 
Attributen, mithin rein mechanisch erklärt werden. Nachdem er von Die € 
den Entfernungen der Gestirne gehandelt, von dem eigenen Licht der und Wärm 
Fixsterne und der Sonne, dem entlehnten der Planeten, zu deren Zahl gelegte Hi 
die Erde gehört, erörtert er die Bewegung der Himmelskörper. Bezüg- Blutzirkula 
lich der Erdbewegung sucht Descartes einen Mittelweg zwischen der deckungen 
koppernikanischen und der tychonischen Theorie. In der Hauptsache rühmend 
mit Koppernikus einverstanden, behauptet er doch, gestützt auf seine feurigsten 
Definition der Bewegung, die Erde ruhe — nämlich im Hinblick auf anımales sı 
ihre unmittelbare Umgebung. Sicher war ihm die (freilich nur dem beschriebe
	        
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