PRAKTISCHE PHILOSOPHIE. I2I1
selben zwischen klar, wenn wir ihr Objekt nicht als einzelnes Ding, sondern in seinem
cdelmut) unter- Zusammenhange, als Glied der Kausalkette, als notwendig und als Modus
t die Erhaltung Gottes erkennen. Je mehr der Geist die Dinge in ihrer Notwendigkeit
schen erstreckt. und die Affekte in ihrer Beziehung zu Gott begreift, desto weniger leidet
it, der letzteren er von den Affekten, desto mehr bekommt er sie in seine Gewalt:
ses Begriffs der „Tugend ist Macht“ (IV def. 8, prop. 20, dem.). Freilich kann ein Affekt
thik. nur durch einen anderen stärkeren (IV prop. 7), der leidende nur durch
einen thätigen besiegt werden. Der thätige Affekt, durch welchen die
Erkenntnis über die Leidenschaften siegt, ist das freudige Bewußtsein
;r drei Begriffe unserer Macht (III prop. 58, 59). Die adäquate Vorstellung denkt ihr
Ein Ding be- Objekt in Verbindung mit Gott; die aus der Erkenntnis und Überwindung
mer, je thätiger der Leidenschaften erwachsende Freude ist also begleitet von der Idee
r adäquate Ur- Gottes und somit (nach der Definition der Liebe) Liebe Gottes (V prop,
ıd, wenn es gar I5, 32). Erkenntnis und Liebe Gottes, zusammengefaßt „intellektuelle
Adäquat nennen Liebe zu Gott“ 1 ist das höchste Gut und die höchste Tugend (IV Zrop. 28).
r allein begriffen Die Seligkeit ist nicht der Lohn der Tugend, sondern die Tugend selbst.
‚es Denkens, ist Die geistige Liebe des Menschen zu Gott, in welcher die höchste Seelen-
ı besteht in den ruhe, Seligkeit und Freiheit besteht und vermöge deren (da sie, wie ihr
Dingen hervor- Gegenstand und ihre Ursache, die wahre Erkenntnis, ewig ist) der Geist
as Denken, das von der Zerstörung des Körpers nicht betroffen wird (V prop. 23, 33), ist
im Grunde mit ein Teil der unendlichen Liebe, mit der Gott sich selbst liebt, und ist mit
der Liebe Gottes zu den Menschen eins und dasselbe. Der ewige Teil
ahens und Ver- der Seele ist die Vernunft, durch die sie thätig ist; der vergängliche ist
ıhung kann von die Einbildung oder sinnliche Vorstellung, durch die sie leidet. Nur in der
unmöglich, eine adäquaten Erkenntnis und der Gottesliebe sind wir unsterblich; von der
zugleich zu be- Seele des Weisen ist ein größerer Teil ewig, als von der des Thoren.
und Verstand Spinozas Sittenlehre ist intellektualistisch: Tugend beruht auf Er-
yeht die sittliche kenntnis.2? Sie ist außerdem naturalistisch: die Sittlichkeit ist eine not-
Erkenntnisstufen wendige Folge aus der menschlichen Natur, sie ist ein physisches Er-
las von der Ein- zeugnis, nicht ein Produkt der Freiheit, denn die Willensakte werden durch
geleitete Wollen. Vorstellungen determiniert, die ihrerseits wiederum Wirkungen früherer
ie vergänglichen Ursachen sind. Die Grundlage der Tugend ist das Streben nach Selbst-
zn Affekte haben 7
schauung Gottes. 1 UYber den Begriff amor dei intelleckualis bei Spinoza handelt C. LÜLMANN in
) einer Dissertation, Jena 1884,
hen — sie macht 2 Nur die aus der Erkenntnis entspringende Tugend ist die echte. Die traurigen,
jes Ziel (IV prop. 0 glich nicht thätigen, Affekte des Mitleids und der Reue können zu Handlungen
rop. 62, 66), und ntreiben , deren Vollbringung besser ist als ihre Unterlassung. Die Rührung über
aß (IV ‘prop. 61). fremdes Leid und die Zerknirschung über eigene Schuld, welche beide vorhandenes
e hören auf, ein Elend durch neues vermehren, haben nur den Wert eines geringeren Übels. Für den
der körperlichen OST sind sie insofern heilsam, als die eine ihn 2 hillfeicher. That AnSPOrNE,
ie andere seinen Stolz vermindert. Für den Weisen sind sie schädlich, wenigstens
are Ideen haben, nutzlos; er bedarf nicht unvernünftiger Motive zum vernunftgemäßen Handeln, Nur
Wir beherrschen das Handeln aus Einsicht ist wahre Sittlichkeit. — Dies einer der Anklänge an die
eine Vorstellung Stoa, deren sich noch mehrere nachweisen ließen.