130 WEITERBILDUNG DER CARTESIANISCHEN PHILOSOPHIE,
Bewegung, auf welche sie eintritt, und die Gliederbewegung von dem in 19 Bän
Willensentschluß, dem sie folgt, nur veranlaßt, nicht bewirkt. Zum Be- quenzen; z
wirken nämlich würde ein notwendiger Zusammenhang zwischen dem Alles Erke
vorhergehenden und dem folgenden Ereignis gehören; von einem solchen Menschen
aber bemerken wir nichts in allen den Fällen, wo nach der populären als auf der
Ansicht der Leib auf die Seele wirkt oder umgekehrt, ja nicht einmal Schattenbil
da, wo Körper auf Körper durch Stoß zu wirken scheint. Die einzige mus, zur |
wahrhafte Ursache alles Geschehens ist Gott. Er ist es, der (durch Verkehr
unveränderliche Naturgesetze) in der Seele den Affekt und die Wahr- jekten, das
nehmung, in der Körperwelt die Bewegung hervorruft. Denn der Körper mit den ge
hat nur die Fähigkeit, bewegt zu werden; die Seele aber kann darum als die uns
die Ursache seiner Bewegung nicht sein, weil sie sonst wissen müßte, wie ist der Me
sie dieselbe erzeugt. Thatsächlich hat der nicht medizinisch Gebildete göttlichen
keine Vorstellung davon, was dabei in den Nerven und Muskeln vorgeht; Intelligenz
und wer hierüber anatomische Kenntnisse besitzt, vermag sie doch bei werden, in
der Ausführung seiner Leibesbewegungen nicht zu verwerten. Wir können besteht in
ohne Gott nicht die Zunge rühren. Er ist es, der unseren Arm hebt, ist, sich eir
selbst wenn wir ihn gegen seine Ordnung brauchen. Zwisch
Malebranche, bemüht, seinen Pantheismus vor der Gleichsetzung mit Vertreter ]
dem des Spinoza zu schützen, weist darauf hin, daß nach ihm das Uni- Hut, von
versum in Gott, nicht, wie bei jenem, Gott im Universum sei, daß er 1689, auße:
eine Schöpfung lehre, die jener leugne, daß er, was jener unterlassen, über die Se
zwischen der Welt in Gott (den Ideen der Dinge) und der Welt der sich. unter
Kreaturen, zwischen der intelligiblen und der körperlichen Ausdehnung auch eine
unterscheide. Man kann hinzufügen, daß er eine Freiheit Gottes und Falschen g
der Menschen behauptet, die Spinoza verwirft, daß er den alles wirken- schwachen
den Gott nicht als Natur, sondern als allmächtigen Willen faßt. Dennoch uns zugleic
nähert er sich, wie K. FISCHER gezeigt hat, dem Naturalismus des Spinoza Über Huät:
mehr, als ihm bewußt ist, indem er die endlichen Dinge für Einschrän- Als de
kungen (also Modi) des göttlichen Seins erklärt, den Willen Gottes in hinausgehen
Abhängigkeit von der Weisheit Gottes (der ungeschaffenen Ideenwelt) Professor in
setzt, somit in seiner Allmacht einschränkt, und, was das Entscheidende noch mehr
ist, Gott zum alleinigen Urheber der Bewegung, d.h. — da er den schrift Nouz
endlichen Dingen jede Wirkungsfähigkeit abspricht — zu einer Natur- — —
ursache macht. Der Versuch eines christlichen Pantheismus ist mithin Über die echt
nicht geglückt. Dies Mißlingen erschüttert jedoch nicht den wohlbes Un ed
gründeten Ruhm des tiefsinnigen Mannes, der zweitgrößte Metaphysiker P. war in Me
Frankreichs zu sein. Pfarramt in A
Pierre Poiret! (1646—1719) wurde dem Cartesianismus durch Begleiter er v
mystische Schriften (u. a. die der Antoinette Bourignon, die er 1684 —86 ED w
| 4 Poiret: Gedanken über Gott, die Seele und das Böse, zuerst 1677, in den u, Bere
späteren Ausgaben (1685, 1715, in der 3. Aufl, ein Verzeichnis der Schriften) findet 1 Über E
sich ein heftiger Angriff gegen den Atheismus des Spinoza; Göttliche Ökonomie 1687; Beilage Nr, 2°