EINLEITUNG, 5
Vorausschung einer einzigen des Individuums, noch mehr in der Gemütsart des Volkes haben und
Sen Ch SE aus de sich bis zu einem gewissen Grade von der logischen Argumentation und
f Bes hränktheit der Triehe der wissenschaftlichen Bearbeitung einzelner Fragen abtrennen lassen.
n DE (denn es ist der Wir fassen sie unter dem Namen der Weltanschauung zusammen.
bioß Sem Verstand), anderem Für sie leuchtet die Notwendigkeit ihrer beständig erneuerten Durch-
ande Yilnter der logischen denkung ohne weiteres ein. Die griechische Weltanschauung ist so klassisch
En als treibende, lenkende, wie die Plastik des Phidias und die Epik Homers, die christliche so
ChS Mächte, selbst zum ewig gültig wie die Architektur des Mittelalters, die moderne so unwider-
ker al alle Logik; und ihr legbar wie die Poesie Goethes und die Musik Beethovens. Die Welt-
CR ihr widerstrebend, breitet anschauungen, die aus den Zeitstimmungen der Menschheit hervorwachsen
en. Die großen und harten als die Blüten des allgemeinen Kulturprozesses, sind nicht sowohl Ge-
nt der objektiven Seite zahl- danken als Rhythmen des Denkens, nicht Theorien, sondern von Wert-
höchsten Fragen zur Un- gefühlen durchtränkte Anschauungsweisen, über die man wohl streiten,
dem einzelnen Denker, seine die man durch Gründe empfehlen und bekämpfen, aber nicht‘ durch
2 Lehrgebäude ARSDBEN zwingende Beweise befestigen und umstürzen kann. Nicht nur Optimis-
© Ausschnitte der Welt und mus und Pessimismus, Determinismus und Freiheitslehre, sondern auch
ist einseitig. Gerade durch Pantheismus und Individualismus, Idealismus und Materialismus; selbst
SG allein kann daher der Rationalismus und Sensualismus haben ihre letzten Wurzeln im Affekt
hen, die auf ein allseitiges und bleiben, wenn sie auch mit den Mitteln des Denkens arbeiten, in
Die Geschichte der Philo- höchster Instanz Sache des Glaubens, des Gefühls, des Entschlusses.
es großen Individuums, das, Die ästhetische Weltansicht der Griechen, die religiös-transzendente des
beitet, gleichzeitig Entgegen- Christentums, die intellektualistische des Leibniz und Hegel, die panthe-
achS ausgleichend und neue listische Fichtes und Schopenhauers sind Lebensmächte, nicht Doktrinen,
ntwickehing der Erkenntnis sind Voraussetzungen, nicht Ergebnisse des Denkens. Die eine Welt-
N die man sich nicht reich- anschauung wird von der anderen, die sie selbst durch ihre Einseitigkeit
“ür die energische Mitarbeit erzeugen hilft, aus der Herrschaft verdrängt, um später, nachdem sie von
freilich die Täuschung un- ihrem Gegensatz gelernt, sich geläutert, bereichert, vertieft hat, dieselbe
Wahrheit den Schleier lüften, zurückzuerobern; widerlegt aber wird sie durch die jüngere Nebenbuhlerin
tiker dagegen sieht im neuen so wenig, wie das Sophokleische Drama durch das Shakespearische, die
ehauen und an seinem Ort Jugend durch das Alter, der Frühling durch den Herbst.
Vissens in die Höhe führen Steht es somit außer Zweifel, daß die Weltanschauungen früherer
und der treibenden Kraft Zeiten im Gedächtnis der Menschheit fortzuleben verdienen und nicht
igung der Standpunkte und bloß als Erinnerungen an etwas, was einmal war (die Geschichte der
ist als allgemeiner Gesichts- Philosophie ist kein Antiquitätenkabinett, sondern ein Museum typischer
nschaft und braucht nur in Geisteserzeugnisse), so ist für den exakt wissenschaftlichen Teil der
hablone bewahrt zu werden, philosophischen Forschung der Wert und das Interesse der historischen
>hie-historische Betrachtung Kenntnis ihrer Vergangenheit nicht minder ersichtlich. Für jede Wissen-
schaft ist es von Nutzen, dem Werden und Wachsen ihrer Probleme
d der Mustergültigkeit voll- und Theorien nachzugehen; in doppeltem Maße für die Philosophie,
der philosophischen Lehren Der Fortschritt zeigt sich da keineswegs immer in den Resultaten, oft
ıbei in erster Linie an die- ist die Stellung der Frage viel bedeutender als die Antwort. Das Problem
die ihren Ursprung weniger spitzt sich in einer bestimmten Richtung zu, oder es wird umfassender,
em Herzen, dem Charakter wird auseinandergelegt und verfeinert; wenn dann eine Zersplitterung in