214 DIE FRANZÖSISCHE AUFKLARUNG.
Leidenschaften sind „nur“ verschiedene Arten des Verlangens, Verstand Darste
und Wille sind „in der Wurzel eins“ u, s. w. Empfil
Die Forderung einer einheitlichen Grundkraft der Seele stammt von hier
Descartes, und selbst das Wort penser als allgemeine Bezeichnung für alle Perze
Seelenhandlungen nimmt Condillac keinen Anstand beizubehalten, Des- Sache
gleichen hält er an dem Dualismus von Ausdehnung und Empfindung „ganz
als miteinander unverträglichen Eigenschaften fest, stellt der „teilbaren‘““ noch
Materie die Seele als das „einfache“ Subjekt des Denkens gegenüber und durch
erblickt in den Affektionen der körperlichen Organe nur die „Veranlassung“, Doppe
auf die hin die Seele selbst und allein ihre Empfindungsthätigkeit ausübe. zurück
Auch die Freiheit — die Herrschaft des Denkens über die Leidenschaften werde!
— behauptet er, in sonderbarem Widerspruche zu der ganzen Tendenz Urtei
seiner Lehre und dem offen ausgesprochenen Grundsatz, daß die Lust Vorste
die Aufmerksamkeit lenke und all unser Thun regiere. Ebensowenig steht,
kommt es ihm in den Sinn, das Dasein Gottes zu bezweifeln. Von Gott heit €
ist alles abhängig, er ist unser Gesetzgeber, seiner Weisheit verdanken folgen,
wir es, daß unter des Menschen Händen aus unscheinbaren Anfängen zwisch
— Wahrnehmung und Bedürfnis — das Herrlichste, Wissenschaft und auch
Sittlichkeit, sich entwickelt. Wer da Klage führen wollte, daß er uns das dorthi
Wesen der Dinge verborgen und nur Verhältnisse zu erkennen gewährt unsere
hat, vergäße, daß wir nicht mehr bedürfen. Wir sind nicht des Wissens wir m
wegen da, Leben ist Genießen. wir ih
Das Thema des Zraite des sensations (1754) lautet: Erinnerung, Ver- aber
gleichung, Urteil, Abstraktion und Reflexion oder Erkenntnis sind nichts Zweife
als verschiedene Arten der Aufmerksamkeit; desgleichen die Affekte, FE
die Begierden und der Wille nichts als Modifikationen des Verlangens; Lust
diese beiden aber haben ihren Ursprung im Empfinden, Die Empfindung Geset:
ist der einzige Quell und der einzige Inhalt des gesamten Seelenlebens. dunge
Zum Beweise dieser Thesen bedient er sich der Fiktion einer Statue, in Schatt
welcher ein Sinn nach dem andern erwacht, zuerst der niedrigste, der wir ur
des Geruches, zuletzt der wertvollste, der Tastsinn, der (durch die Wahr- Begic
nehmung der Dichtheit oder des Widerstandes, der einzigen Qualität, die Hoffnı
Condillac als primäre beibehält) uns zwingt, unsere Empfindungen aus unbed
uns hinaus zu verlegen, und damit die Vorstellung einer Außenwelt er- langer
weckt. Zunächst sind die Empfindungen nur subjektive Zustände, Arten der S
unseres eigenen Seins; ohne Tastsinn würde der Mensch sich selbst für Lust
Geruch, Ton, Farbe halten. Von der Empfindung unterscheidet Condillac Geruc
die Idee in einer doppelten Bedeutung, als bloße Vorstellung (Erinnerung das,
oder Einbildung eines nicht Gegenwärtigen) und als Vorstellung eines Moral
Gegenständlichen (Bild, Repräsentant eines Körpers); im letzteren Sinne Mens
ist es gemeint, wenn er sagt, nur die Tastempfindungen seien zugleich Ideen. haben
_ Betreffs der Einzelheiten der Ableitung, welche ein reiches psycho- war, 7
logisches Material oft sehr glücklich verwertet, muß auf ausführlichere beruh