Full text: Geschichte der neueren Philosophie

230 ROUSSEAU. LEIBNIZ, 
Menschenwerk, und derjenige, dessen Geschichte sie enthält, mehr als milden Ve: 
ein Mensch ist. Die rührende Anmut und tiefe Weisheit seiner Rede, auf allen 
die Sanftheit seiner Sitten, die Hoheit seiner Grundsätze, die Beherrschung auch auf 
seiner Leidenschaften bezeugen hinlänglich, daß er weder ein Schwärmer vereinigun 
noch ein ehrgeiziger Sektierer war. Sokrates lebte und starb wie ein über die € 
Philosoph, Jesus wie ein Gott. Die Tugenden. der Gerechtigkeit, Vater: Anteil gen 
Jlandsliebe ‚und Nüchternheit, die jener lehrte, waren von den großen Anregung 
Männern Griechenlands geübt worden, ehe er sie empfahl. Woher aber gefunden 
sollte Jesus in seiner Zeit und seinem Lande jene erhabene Moral schöpfen, geschmeid: 
von der er allein die Lehre und ‚das Beispiel gab? Dergleichen. erdichtet Kraft umw 
sich‘ nicht. Der Erfinder solcher Thaten wäre noch erstaunlicher als ihr darin stan 
Thäter, — So siegt auch. in der Frage nach der geoffenbarten Religion Historiker, 
die Stimme des Herzens über die Zweifel der Vernunft, wie sie in der Theolog u 
nach der natürlichen Religion über die Einwürfe der Gegner triumphiert Gelehrter 
hatte. Allerdings gilt diese Begeisterung nicht dem heutigen Christentum Gedanken 
der Priester, sondern nur ‚dem. wahren des Evangeliums. Vereinigu1 
_ Rousseau war das Gewissen Frankreichs, das sich gegen die Nega- teles und 
tionen und die kahle Leerheit der materialistischen und atheistischen Gotti 
Doktrinen empörte. Indem er: der einseitigen Verstandesaufklärung gegen- wo sein V: 
über die Beteiligung des ganzen Menschen an den höchsten. Fragen mit und Notaı 
warmer Beredsamkeit zur. Geltung brachte, wurde er ein Vertreter des studiert al 
praktischen Vernunftglaubens. vor Kant. Besonders in Deutschland, in den unter Jacc 
Herzen Goethes, Kants, Fichtes;' hat sein emphatischer Ruf einen lauten Philosophi 
und andauernden Nachhall geweckt. einer Diss: 
AB in Altorf ] 
Siebentes Kapitel. PERS 
| mainzisch« 
Leibniz. halt in F 
In den Altersgenossen Spinoza und Locke hatten die beiden Reihen dessen W 
der neueren Philosophie, die von. Descartes ausgehende kontinentale und schriftstell 
die an Baco anknüpfende anglikanische, die äußersten Punkte der Entfer- nach Par 
nung und Entgegensetzung‘ erreicht. Jener war rationalistischer Pantheist, vier Jahre 
dieser . empiristischer Individualist. ‘Mit Leibniz tritt in zwiefacher Be- wig XIV. 
ziehung eine Annäherung ein. Als Rationalist steht er auf Seite des Eroberung 
Spinoza gegen Locke, als Individualist auf Seite des Locke gegen ihn fesselt 
Spinoza. Aber. er hat den Rationalismus nicht“nur vom Pantheismus matiker C 
losgelöst, sondern denselben auch durch die (schon durch seine historischen Tode (14 
Neigungen ihm nahe gelegte) Anerkennung einer relativen Berechtigung Johann F 
der Empirie gemildert, indem er von den notwendigen Wahrheiten der Nachfolge 
Vernunft ‘die thatsächlichen der Erfahrung unterschied, den letzteren in Tochter } 
dem Satz vom Grunde ein eigenes Erkenntnisprinzip einräumte und ‚die wünscht 
Empfindung zur unentbehrlichen. Vorstufe des Denkens machte. geschrieb« 
Die hierin sich kundgebende Tendenz eines gerechten Abwägens und Wien unc
	        
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