EINLEITUNG, 4
der fortwirkenden Macht präsentiert sich die neuere im profanen Werkeltagskleide, in der Arbeiter-
„ daß Spinoza in Fichte bluse, das schonungslose Brecheisen der Analyse in der Hand. Nicht
L; „der Sensualismus der die Schönheit sucht sie, sondern allein die nackte Wahrheit, mag diese
ralismus der Renaissance ausfallen, wie sie will. Sie hält es nicht für möglich, Verstand und Ge-
gar der durch die Ver- schmack gleichzeitig zu befriedigen; ja das Kahle, Häßliche, Beleidigende
edergestreckte Materialis- scheint ihr eher für als gegen die Unverfälschtheit der Wahrheit zu
le schroffste Einseitigkeit sprechen. Ängstlich darauf. bedacht, nicht Menschliches in die Natur
ergötterung des Wissens, hineinzutragen, geht sie so weit, sie ganz zu entgeistigen. Die Welt ist
nts und Fichtes — nicht kein lebendiges Ganze, sondern eine Maschine, kein Kunstwerk, das in
steme die beherrschende seiner Totalität angeschaut und mit Ehrfurcht genossen, sondern ein
die Überzeugungen der Uhrwerk, das auseinandergenommen sein will, um verstanden zu werden.
och mehr außerhalb der Nirgends Zwecke, überall nur mechanische Ursachen, Einem wieder-
luß aus, Bei so engen erweckten Griechen würde die Art der modernen Wissenschaft recht
der Gedankenbewegung nüchtern, unfestlich, unfromm und zudringlich erscheinen. Und wirklich,
der letzteren, der die sie hat ein gut Stück Prosa in sich, läßt sich nicht leicht imponieren,
€ dringende Pflicht: die sich durchs Gefühl keine Schranken setzen, kein Gegenstand ist ihr zu
dieren, heißt .die Vor- heilig, um ihm mit der Schneide des sondernden und auflösenden
ieren, Denkens zu Leibe zu gehen. Doch hat sie zur Zudringlichkeit auch das
Eindringende, zur Nüchternheit die klare Schärfe, Kaltblütigkeit und
undzüge des Gesamt- logische Tapferkeit. Mit gleichem Ernst war die Forderung vorurteilslosen
ich am bequemsten an Erkennens und sicheren Wissens noch nicht erhoben worden. So plötz-
Charakter der alten und lich und gewaltig brach dieses rein wissenschaftliche Interesse hervor,
daß man in frohem Übermute meinte, kein früheres Zeitalter habe recht
sophie — beides ist so gewußt, was Wahrheit und Liebe zur Wahrheit sei. Kine begreifliche
wiegend ästhetischen Folge solches starken Wissenstriebes war eine allgemeine Überschätzung
riechen als engverwandt des Erkennens auf Kosten aller übrigen geistigen Bethätigungen. Auch
t er den gemeinsamen von den griechischen Philosophen sah die Mehrzahl im Denken das
mnismus, ein Kunstwerk höchste, gottähnlichste Thun. Doch wurde der Intellektualismus bei
; und andächtiger Scheu ihnen durch das ästhetische und das eudämonistische Element gemildert
mit dem Auge eines und vor derjenigen Einseitigkeit bewahrt, mit der er in der Neuzeit auf-
nd das einzelne Objekt tritt, da es hier an einem kräftigen Gegengewicht fehlte. Baco, so heredt
ı dem Aufbau und der er den Vorteil der Naturbeherrschung anpreist, kennt doch und feiert als
den letzten Elementen das Höchste die Forschung um der Forschung willen, und selbst die Willens-
;rlegt, sein Denken ist philosophen Fichte und Schopenhauer zahlen dem intellektualistischen
nnt er das Wesen des Vorurteil ihren Tribut. Wie sehr namentlich der künstlerische Trieb dem
ändnis des Geschehens. ausschließlich theoretischen das Feld räumt, ist schon aus dem äußer-
gleich mit Werturteilen lichen Umstande ersichtlich, daß die Neuzeit, wiewohl sie in Fichte,
dies die vollkommenste Schelling, Schopenhauer und Lotze, um geringerer nicht zu gedenken,
‚ das Oben vornehmer hervorragende Stilisten besitzt, einen philosophischen Schriftsteller von
Denker, bei welchen der Größe des Platon nicht aufzuweisen hat.
der Analyse, wie vor Wenden wir uns zur Denkungsart des Mittelalters, so tritt uns da,
ıalbmodern. Neben der im Gegensatz zu der ästhetischen Anschauung des Altertums und der
rriechischen Philosophie neuzeitlichen Tendenz des reinen Wissens, eine spezifisch religiöse