Full text: Geschichte der neueren Philosophie

2060 DIE DEUTSCHE AUFKLÄRUNG, 
Wissenschaft des Möglichen, die Philosophie Wissenschaft des Wirklichen Mensch 
sei, und daß die letztere, statt zu ihrem Nachteil die deduktiv-analytische die Besc] 
Methode der Geometrie. nachzuahmen, mit Beihilfe der Erfahrung und Seele, da 
unter Berücksichtigung des Wahrscheinlichkeitsgrades ihrer Schlüsse synthe- denkens. 
tisch zu den obersten Sätzen aufsteigen müsse. Neben dem deduktiven Lieblings: 
Verfahren erregte der Determinismus der Wolffischen Philosophie Anstoß, Stimmun(; 
durch den man Moral, Justiz und Religion gefährdet glaubte. Der Wille, und emp 
die eigentliche Grundkraft der Seele (bestehend aus dem Vervollkomm- zarter ur 
nungs-, Liebes- und Gewissenstrieb) ist weit entfernt, durch die Vorstellungen Verengur 
determiniert zu werden; vielmehr sind sie es, die vom Willen abhängen. Die in Hand, 
Geltung des Satzes vom Grunde, die man mit Unrecht als eine aus- Verständ| 
nahmslose ansieht, muß zu Gunsten der Freiheit eingeschränkt werden. und flüss 
Im übrigen ist von Crusius anzumerken, daß er den Satz des zureichen- nicht nur 
den — besser: bestimmenden — Grundes (alles, was ist und vorher BANDS tr 
nicht war, hat eine Ursache) nebst dem der Zufälligkeit aus den Prin- dern sie 
zipien des Widerspruchs, der Untrennbarkeit und der Unvereinbarkeit, ausgehen 
diese aber aus dem Satz der Denkbarkeit ableitet, daß er den onto- lehren — 
logischen Beweis verwirft, den Verpflichtungsgrund der Sittlichkeit in den welche si 
Gehorsam gegen Gott, ihren Inhalt in die Vollkommenheit setzt und mit den Ver 
Cicero die Unsterblichkeit um des Ausgleiches von Verdienst und Glück Mendel 
willen postuliert. Von den übrigen Bekämpfern der Wolffischen Philo- Verdienst 
sophie mögen der Theolog Budde(us)! (Institutionen der eklektischen Steinba 
Philosophie 1705), Darjes (lehrte in Jena und Frankfurt a. O.; Weg zur G. Chr. 
Wahrheit 1755) und Crousaz (1744) genannt sein, wahl dar 
Bd. 4, 18 
3. Die Aufklärung als wissenschaftliche und als Popularphilosophie. moralphil 
Nachdem bereits innerhalb der Wolffischen Schule, noch unumwun- Getmenn 
dener im Lager ihrer Gegner unter zunehmendem Einflusse ‘der englischen  Untı 
Erfahrungsphilosophie* die Forderung erhoben worden war, es müsse „Philosop 
Rationalismus und Empirismus, Leibniz und Locke vereinigt werden, überräsch 
nimmt im Aufklärungszeitalter der Eklekticismus im Sinne des Thomasius 
die volle Breite der Bühne ein. Man scheute sich um so weniger, Sätze, ; Me 
die von ganz verschiedenen Voraussetzungen aus gewonnen waren, ohne schlift‘ übe 
Rücksicht auf ihren systematischen Zusammenhang miteinander zu ver- über die 1 
knüpfen, als das Interesse an schulmäßiger Forschung mehr und mehr Dasein Go 
hinter demjenigen an brauchbaren und beruhigenden Resultaten zurück- Über ihn 1 
trat, Metaphysik, Erkenntnislehre, Naturphilosophie werden als nutzlose N SP 
Grübeleien beiseite gelegt, wie in der Zeit nach Aristoteles wird der über TE N 
5 die neueste 
1'J. J. Brucker (Historia critica philosophiae, 5 Bde. 1742—1744, zweite Aufl. seit 1765, 
6 Bde, 1766—1767) war ein Schüler des Budde, 4 Die 
2 Den Einfluß der englischen Philosophen auf die deutsche Philosophie: des Erkenntnis, 
XVIII. Jahrhunderts behandelt GUSTAV ZART, 1881. jektiven Nr
	        
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