Full text: Geschichte der neueren Philosophie

„ REIMARUS, LESSING. 2063 
stattgefunden. sicherheit ihres Sinnes und der sittliche Charakter der als Boten Gottes 
»stverständlich betrachteten Personen, deren Lehren, Gebote und Thaten keineswegs 
ihlen, Wollen“ jener hohen Sendung entsprechen. Die jüdische Geschichte ist ein 
hren: er hat „Gewebe von lauter Thorheiten, Schandthaten, Betrügereien und Grau- 
ınen und Be- samkeiten, davon hauptsächlich Eigennutz und Herrschsucht die Trieb- 
von Mendels- federn waren.“ Auch das Neue Testament ist Menschenwerk, alles 
y des Gefühls- Gerede von göttlicher Inspiration eitel Blendwerk, die Auferstehung 
d nennen sein Christi eine Erdichtung der Jünger, der protestantische Lehrbegriff mit 
uch als Philo- seinen Dogmen von der Dreieinigkeit, dem Sündenfall, der Erbsünde, 
schätzenswerte der Gottmenschheit, dem stellvertretenden Verdienste und den ewigen 
hen, seit 1777; Höllenstrafen vernunftwidrig. Der Fortschritt des Reimarus über Wolff 
’ahrungen und hinaus besteht in der konsequenten Anwendung der Kriterien für die 
K. Ph. Moriz Göttlichkeit der Offenbarung, die Wolff aufgestellt hatte, ohne von 
lie Pädagogik ihnen Gebrauch, geschweige einen negativen, zu machen. „Seine Schwäche! 
ıd J. H. Pesta- darin, daß er einerseits sich mit einer rationalistischen Deutung der 
biblischen Erzählungen begnügte, statt — wie nach ihm Semler in 
ı Philosophen Halle (1725—1791) — bis zu einer historischen: Kritik der Quellen 
‚2, seit 1728 vorzudringen, anderseits in der allen Deisten gemeinsamen Alternative 
Überzeugung „entweder göttlich oder menschlich, entweder wirklich geschehen oder 
möge, wie er erlogen“ stecken blieb, ohne Ahnung von jenem großen Zwischengebiete 
tzschrift“)' den des religiösen Mythus, der unwillkürlichen und sinnvollen Dichtung der 
je Waffen. für Volksphantasie. 
losophie, Die Minder einseitig ist der religionsphilosophische Standpunkt des G. E. 
zweckmäßigen Lessing (1729—1781), in welchem die Aufklärung ihre schönste Blüte 
| auf das Wohl zeitigte. Abgesehen von den bedeutsamen ästhetischen Anregungen, die 
ilte, des Men- der Laokoon (1766) und die Hamburgische‘ Dramaturgie (1767—1769) 
ale Menschen ausstreuten, beruht seine philosophische Bedeutung auf zwei für die 
ung Gottes in Religionsauffassung des XIX. Jahrhunderts folgenreichen Gedanken: der 
er, annehmen spekulativen Deutung gewisser Dogmen (der Trinität u. a.) und der An- 
Sit seiner! Vor- wendung des Leibnizischen Entwickelungsbegriffs auf die Geschichte der 
zen die Glaub- positiven Religionen. Durch beide hat er Hegel vorgearbeitet: Was das 
yegen die der Verhältnis zu den Vorgängern anbetrifft, so sucht Lessing eine Vermitte- 
chlichen. Zeug- lung zwischen dem Pantheismus des Spinoza und dem Individualismus 
riften, die Un- des Leibniz; im Verständnis des letzteren zeigt er sich den Wolffianern 
weit überlegen. Ihn einen Spinozisten nennen, darf nur, wer wie Jacobi 
unser selbst er- diesen Titel für jeden bereit hat, der sich gegen einen transzendenten 
! persönlichen Gott und die unbedingte Willensfreiheit ausspricht. Übrigens 
Diss. 1898. Zn Vs ; . 
hehmeten : Wahr: muß man bei seiner mehr kritischen und dialektischen als systematischen 
- die Kunsttriebe Art zu denken sich hüten, auf einzelne Aussprüche ein zu großes Ge- 
Verehrer Gottes. wicht zu legen.? 
enen Schrift gab =. 
ente‘*, seit 1774). 1 Vergl. O. PFLEIDERER, Gesch. d. Religionsphilos., 2. Aufl. 1883, S. 102, 
imarus und seine 106—107. 
ıriften. 2 Eine Vorsicht, die GIDEON SPICKER (Lessings Weltanschauung, 1883) auch
	        
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