Full text: Geschichte der neueren Philosophie

270 DIE GLAUBENSPHILOSOPHIE: JACOBI,. 
nierende, nicht Realität verbürgende Funktion, der der Stoff des Denkens Indessen -£ 
anderswoher gegeben sein muß, und der das Übersinnliche unerreichbar abstrakt fo 
bleibt); an der Kritik der Vernunft tadelt er, daß sie die Ideen für bloße auf Glücks 
Postulate gelten läßt, denen keine Garantie ihrer Wirklichkeit beiwohne. der Aufklä 
Noch ungenügender erscheint ihm die Kritik der Sinnlichkeit, da sie die hinsichtlich 
Herkunft der Empfindungen nicht erkläre. Ohne den Begriff des „Dinges trieb), mit 
an sich“ kommt man nicht in die Kantische Philosophie hinein, mit nützigkeit) 
demselben kann man nicht in ihr bleiben. . Fichte hat die richtige Folge- eudämonist 
rung aus den Kantischen Prämissen gezogen, der Idealismus ist die Individualit 
unausweichliche Konsequenz der Vernunftkritik, von dieser vorausverkündet Sittlichkeit 
wie der Messias durch Johannes den Täufer. An den kranken Früchten und die F 
aber erkennt man die kranke Wurzel: die idealistische Theorie ist philoso- aus natürli| 
phischer Nihilismus, denn sie leugnet die Realität der Außenwelt, wie mehr in ih 
der Materialismus des Spinoza den außerweltlichen Gott und die Willens- 
freiheit leugnet. Beiden Systemen — es sind die einzigen konsequenten, 
die es giebt — entschlüpft die Wirklichkeit, jenem die materielle, diesem 
die übersinnliche, und muß ihnen entschlüpfen, weil Wirklichkeit, welcher 
Art sie sel, nicht gewußt, sondern nur geglaubt und empfunden werden 
kann. Das Wirkliche, die Existenz des Jenseitigen sowohl als die der 
Außenwelt, sogar die des eigenen Leibes, giebt sich uns allein durch 
Offenbarung kund; der Verstand begreift bloß Verhältnisse, die Gewiß- 
heit eines Daseins wird nur durch Erfahrung und Glauben gewonnen. 
Organe des Glaubens und darum die wahren Erkenntnisquellen sind 
Sinn und Vernunft, jener erfaßt das Natürliche, diese das Übernatürliche, 
dem Verstande bleibt nur das Trennen und Verknüpfen gegebener An- 
schauungen. 
Die Philosophie als Wissenschaft aus Begriffen muß notwendig Seit]: 
atheistisch und fatalistisch ausfallen. Begreifen und Beweisen ist ein Her- und Ration 
leiten aus Bedingungen. Wie sollte das, was keine Ursachen hat, aus Sind alle 
denen es erklärt werden könnte, das Unbedingte, Gott und Freiheit, gesamt ode 
begriffen und bewiesen werden? Die Demonstration gelangt an der sie von au 
Kette der Ursachen nur zum Universum, nicht zum überweltlichen Selbstthätig 
Schöpfer, das vermittelte Wissen ist in das Gebiet. des bedingten Seins pfindung 
und des mechanischen Geschehens eingeschlossen. Darüber hinaus führt seine + Stim 
nur die unmittelbare Erkenntnis des Gefühls, die uns mit der wunderbaren, als einem 
unbegreiflichen, aller Natur überlegenen Kraft der Freiheit in uns zu- in seiner S 
gleich den Urquell aller Wunder, den außerweltlichen Gott über uns finden, son 
erschließt. Der Schluß von unserer eigenen geistigen, selbstbewußten, Argumente 
freien Persönlichkeit auf diejenige Gottes ist kein unerlaubter Anthropo- der kämpf 
morphismus: wir dürfen ungescheut in der Gotteserkenntnis unser mensch- geliefert, u 
liches Wesen vergöttlichen, weil Gott, da er den Menschen schuf, sein kontrapunk 
göttliches Wesen vermenschlichte. Vernunft und Freiheit sind dasselbe: So vie 
jene ist theoretische, diese praktische Erhebung zum Übersinnlichen. unpartelisc
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.