Full text: Geschichte der neueren Philosophie

I9 EINLEITUNG. 
angesehen, Natur und Leben erglänzen dem jungen Geschlechte in freudigem sophie war, nach L 
und hoffnungsvollem Lichte. Humanismus und Optimismus waren stets in der Eigenart des 
Verbündete. ihren Ausgang hin 
Zu diesem Wechsel der Stimmung ein entsprechender Wechsel des bürgerliche Neigur 
Objektes: die Theologie muß ihren Thron der Naturerkenntnis räumen. auch für die natic 
Der angelologischen, christologischen, soteriologischen Fragen müde, denten Bestimmun 
wünscht der denkende Geist in der liebgewordenen Welt sich heimisch sophie ist ihrer Ab 
zu machen, verlangt nach realem, auch praktisch nutzbarem Wissen bedient sich der 
und sucht Gott nicht mehr außer und über der Welt, sondern in ihr. Herren Ländern su 
Die Natur ist das Haus, der Leib Gottes. Die Transzendenz macht Geister, ohne daß « 
der Immanenz Platz, nicht bloß in der Gotteslehre. Naturalistisch käme. Die Neuze 
ist die Philosophie der Neuzeit gestimmt, indem sie nicht nur die tums zurück, gieb 
Natur zu ihrem Lieblingsgegenstande macht, sondern auch die in der der Ausbreitung i 
Naturwissenschaft erfolgreiche Methode, die mathematische, ‚auf die Baum der modern 
übrigen Wissenszweige überträgt, alles sub ratione naturae betrachtet und bare Erdreich der 
auf „natürliche“ Erklärung der Phänomene, auch der ethischen und poli- die Grenzen derse 
tischen, dringt. politisch zugleich, 
Kurz: die moderne Philosophie ist antischolastisch, humanistisch und Völker, die in re 
naturalistisch gesinnt. Soviel mag zur vorläufigen Orientierung genügen, tauschen. Für da 
die weitere Verzweigung, Besonderung, Modifikation und Einschränkung der Gelehrten beil 
jener allgemeinsten Züge muß der folgenden Darstellung überlassen sprache veröffentl 
bleiben. daß die Gedanke: 
Auf zweierlei jedoch sei noch im voraus hingewiesen. Die Gleich- boren wurden, ir 
gültigkeit und Feindseligkeit gegen die Kirche, welche als einer der hervor- des gelehrten Pub 
stechendsten Züge der modernen Philosophie angeführt wurde, bedeutet klärung, als Elem 
nicht ohne weiteres Feindschaft gegen die christliche Religion, geschweige zeitliche Erscheinı 
gegen die Religion überhaupt. Teils hat die religiöse Empfindung, welche Produktion und 
in der Philosophie des XVI. Jahrhunderts besonders stark und schwärme- am stärksten betei 
risch aufflammt, nur das Objekt gewechselt, indem sie statt der transzen- geht die Hegemo 
denten Gottheit dem beseelten Universum ihre Verehrung widmet; teils übernimmt Deutsc 
wendet sich die Opposition nur gegen die mittelalterliche, kirchliche Form Amerika zu teiler 
des Christentums mit ihrer mönchischen Weltflucht. Es war häufig gerade jenen Mächten I} 
ein sehr tiefes und strenges religiöses Gefühl, was die Denker in den Anteil. Jede dies 
Kampf gegen die Hierarchie hineintrieb. Indem so das dauernd Be- die schlechterdin; 
rechtigte an den Tendenzen, Lehren und Institutionen des Mittelalters Gegengaben belol 
von dem Verderblichen und Hinfälligen losgeschält und in die neue Welt- mögend wäre, 1 
anschauung und Wissenschaft hinübergerettet wird, zugleich auch aus dem jeder Teil schenk 
Altertum fruchtbare Elemente in sie eingehen, zeigt der Fortgang der tenden Denker « 
Philosophie eine fortwährende Bereicherung der Gedanken, Anschauungen großen. Teile nick 
und Stimmungen. Das Alte wird nicht einfach zerstört und weggeworfen, männer, Ärzte, a 
sondern gereinigt, umgewandelt und assimiliert. Die gleiche Bemerkung der modernen Pl 
drängt sich auf, wenn wir das Verhältnis von Philosophie und Nationalität Strich, der von « 
in den drei großen Weltperioden ins Auge fassen. Die griechische Philo- seherhaften der :
	        
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