Full text: Geschichte der neueren Philosophie

WISSENSCHAFTSLEHRE: DIE DREI GRUNDSÄTZE. SEIN UND THUN, 367 
inzelwissenschaft des Widerspruchs), außer dem Ich aber nichts da ist, dem entgegenge- 
ıngen des Geistes setzt werden könnte, so muß als zweiter Grundsatz gelten: dem Ich wird 
es ist eine freie, schlechthin entgegengesetzt ein Nichtich. Diese beiden Grundsätze müssen 
;»ine notwendige, vereinigt werden und können es nicht anders als so, daß jene Gegensätze 
at die Intelligenz (Ich und Nichtich), da sie beide im Ich sind, als sich gegenseitig be- 
‚uen und gerade schränkend oder einander teilweise aufhebend, also jedes als teilbar 
1 Wirkung, und (quantitätsfähig) gesetzt wird. Danach lautet der dritte Grundsatz: „Das 
es anschauenden Ich setzt im Ich dem teilbaren Ich ein teilbares Nichtich entgegen.“ 
beschrieben und Aus diesen Grundsätzen leitet Fichte die drei Denkgesetze der Iden- 
- dargethan oder tität, des Widerspruchs und des zureichenden Grundes und die drei 
‚Btsein zu Grunde Qualitätskategorien der Realität, der Negation und der Limitation oder 
lIrei Grundsätzen Bestimmung ab. — Statt ihn bei diesen Bemühungen zu begleiten, 
heben wir als bedeutsam seine Auffassung des Ich als reiner substrat- 
loser Thätigkeit hervor, mit der er den Dynamismus aus der Kanti- 
schen Naturphilosophie in die Metaphysik hinüberführt. Man darf sich 
Statt einer Be- das Ich nicht vorstellen als etwas, das erst da sein müsse, che es 
Denke irgend Thätigkeiten ausüben könne. Das Thun ist nicht Eigenschaft oder 
mußt, indem du Folge des Seins, sondern das Sein ist Akzidens und Wirkung des 
1d denkst, ohne Thuns. Alle Substantialität ist abgeleitet, das Primäre ist die Aktivität; 
gs nicht abstra- das Sein stammt aus dem Thun. Das Ich ist nichts weiter als 
 wehn "cu dem das Setzen seiner selbst, es ist nicht nur für sich, sondern auch 
setzen, Subjekt- durch sich. 
ie Identität von Die in den drei Grundsätzen ausgedrückten Handlungen kommen 
Scht eine "Uhat- weder in der Erfahrung jemals rein vor, noch stellen sie isolierte Akte 
*ürsichseins, und des Ich dar. Die Intelligenz kann nichts denken, ohne sich selbst mit 
ellen scheint — zu denken, sie kann ebensowenig „ich bin“ denken, ohne zugleich 
ntellektuelle An- etwas anderes zu denken, was nicht sie selbst ist; Subjekt und Objekt 
(aber unbewußt) sind untrennbar. Vielmehr sind die beschriebenen Setzungen ein ein- 
ung des ersten ziger umfassender Gesamtakt, der nur das Anfangsglied eines zusammen- 
in eigenes Sein,“ gehörigen Systems von vorbewußten Handlungen ausmacht, durch wel- 
ch bin. Das ches das Bewußtsein zu stande kommt und dessen Glieder vollständig 
Da unter den zu ergründen das weitere Geschäft der Wissenschaftslehre als einer 
Sichselbsidenken absoluten Ich als Anschauung (als Form der Ichheit), von welchem die WL, ausgeht, 
“an. das Prinzip und dem Ich als Idee (als höchstem Ziel des praktischen Strebens), mit welchem sie 
schließt, unterschieden werden. In beiden wird das Ich nicht als Individuum gedacht; 
als Gegenstand der dort ist die Ichheit noch nicht bis zur Individualität bestimmt, hier ist die Indivi- 
, ist, wie die zweite dualität verschwunden, Mit Recht findet es Fichte verwunderlich, daß „ein System, 
lividuum, sondern dessen Anfang und Ende und ganzes Wesen darauf ausgeht, daß die Individualität 
den Gegensatz von theoretisch vergessen, praktisch verleugnet werde, für Egoismus ausgegeben“ werden 
‚e ewige Vernunft, konnte. Und doch haben sich nicht bloß Gegner, sondern, wie Friedrich Schle- 
vorkommt und ihm gels Genialitätsphilosophie beweist, auch Anhänger des gerügten Mißverständnisses 
ls Akzidentien, als einer Verwechselung des reinen und des empirischen Ichs schuldig gemacht, Über 
immer mehr in die die Philosophie der Romantiker vergl. ERDMANN, Grundriss $$ 314, 315, ZELLER, 
muß zwischen dem S. 697 ff. und R. HAYM, Die romantische Schule, 1870,
	        
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