Full text: Geschichte der neueren Philosophie

442° HERBART. 
nizischem Ausdruck Monaden, die ihr Lebelang nichts weiter zu thun weil 
haben, als die einfache Qualität, aus der sie bestehen (denn das Seiende als 
ist nicht von seiner Qualität unterschieden, es hat sie nicht, sondern ist “um 
sie), gegen Störungen aufrecht zu erhalten. Jedes Ding hat für die aber 
verschiedensten Einwirkungen nur eine Antwort: es erwidert, alle äußeren «0.11 
Anregungen damit, daß es sein Was bejaht, gleichsam unablässig den- u. Ss. 
selben Ton wiederholt, der nur insofern eine: wechselnde Bedeutung (Zu 
erhält, als er je nach der Beschaffenheit des Störenden bald als Terz, Wille 
bald als Quinte oder Septime erscheint. Anziehend ist dieses Weltbild das 
allerdings nicht, in welchem auf dem Altar des monotonen Seins alles Gew 
Werden und Geschehen, alles Leben und alle Thätigkeit geopfert wird. ‚ande 
Glücklicherweise ist Herbart inkonsequent genug, die trostlose Öde des und 
wechsellosen Seins durch die relativ oder halb wirkliche Mannigfaltigkeit bhewi 
der Selbsterhaltungen zu beleben, acht: 
Bei dem Problem des Kontinuierlichen bildet die unendliche Teil- stellu 
barkeit des Raums und der Materie die Hauptschwierigkeit: eine endliche piere 
Größe soll einer unendlichen Zahl von Teilen gleich sein. Herbart ein 
versucht es zu lösen durch die Annahme eines intelligiblen Raumes mit sond 
„starren“ (von einer bestimmten Anzahl von Punkten gebildeten, also kreu: 
endlich teilbaren, nicht kontinuierlichen) Linien. Die Metaphysik fordert Platz 
die starre oder diskrete Linie, obgleich das gewöhnliche Vorstellen un- nun 
fähig ist, sie zu konzipieren. Der Raum ist eine bloße Form des Zu- unte!] 
sammenfassens im Vorstellen oder für den Zuschauer, trotzdem ist er ob- geste 
jektiv, d.h. er gilt für alle Intelligenzen, nicht bloß für die menschliche, -EiNZE 
Über die verwickelten und wenig lohnenden Bemühungen, den Schein bleib 
des Stetigen aus der nichtstetigen Wirklichkeit abzuleiten‘, eilen wir hin- In V 
weg zu dem sehr scharfsinnig behandelten vierten Problem, dem psycho- das 1 
logischen. Auf dieses aufmerksam gemacht zu haben, gilt Herbart als das begri 
Hauptverdienst der Fichteschen Wissenschaftslehre. Prob 
Der Begriff des Ich, von dessen Realität wir eine so starke unmittel- diese 
bare Überzeugung haben, daß sie in der Beteuerungsformel „so wahr ich und 
bin“ zum Maßstabe aller anderen Gewißheit gemacht wird, laboriert an verte 
verschiedenen Widersprüchen. Außer der bekannten, hier noch fühlbareren Ihre 
Schwierigkeit von dem einen Dinge mit vielen und wechselnden Merkmalen seele 
enthält er noch seine eigenen Ungereimtheiten. Im Ich oder Selbst- 
bewußtsein sollen Subjekt und Objekt identisch sein. Die Identität des versc 
vorstellenden und des vorgestellten Ich ist ein widersprechender Gedanke, In ih 
denn der Satz des Widerspruchs verbietet, Entgegengesetztes gleichzu- in. ih 
setzen, ein Subjekt aber ist nur dadurch Subjekt, daß es es nicht Objekt eines 
ist. Dann aber kann das Selbstbewußtsein gar niemals zu stande kommen, nisse 
der \ 
1 Auch hierzu vergl. RoB. ZIMMERMANN, Leibniz und Herbart, eine Vergleichung beste 
ihrer Monadologien, 1840. nicht
	        
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