Full text: Geschichte der neueren Philosophie

DIE ITALIENISCHE NATURPHILOSOPHIE. 20 
stlichen Philosophie als das Betrachten, Gottes Thätigkeit -besteht nicht im Denken, sondern 
erreicht sieht, sofern sie im Schaffen, und die Seligkeit des Menschen nicht in der Erkenntnis, 
arehrung des Aristoteles sondern in der Liebe Gottes, wenn auch die letztere die erstere voraus- 
ıen Kopf und Herz zu setzt. Während der Mensch, als Selbstzweck, unsterblich ist, und zwar 
Interschieden der Kon- der ganze Mensch, nicht bloß seine Seele, muß die sinnliche Welt, die 
‚sophie von den Autori- nur für des Menschen Erhaltung (Fortpflanzung und Prüfung) geschaffen 
ht ein Lutheraner oder ist, untergehen; über ihr aber erbaut sich eine höhere Welt, die zu seiner 
ınd, statt auf Aristoteles, Glückseligkeit dient, Die Hochachtung, mit der sich Leibniz über Tau- 
len urteilen. Wer nicht rellus äußert, erklärt sich zum Teil daraus, daß er in dessen Gedanken 
und Philosophie aus- manche seiner eigenen vorgebildet erkennen durfte. Aus der Erkenntnis- 
Gott ist die erste Quelle theorie gehört dahin z. B. der enge Bezug, in welchen Sinnlichkeit und 
‚wahrheiten. Die Philo- Verstand gesetzt werden, Rezeptivität ist nicht Passivität, sondern (durch 
das Kriterium und die den Körper) gehemmte Aktivität. Alle Wissenschaften sind eingeboren, 
;‚eren Sinnen offenliegen- alle Menschen sind potentiell Philosophen (und, sofern sie ihrem Gewissen 
hen und zur ersten Ur- treu sind, Christen), der Geist ein denkendes und denkbares Universum. 
„ Jener gehört an, was Die Naturphilosophie des Taurellus läßt, die relative Wahrheit des Ato- 
e; wäre nicht gesündigt mismus anerkennend, die Welt aus vielen zu formaler Einheit verbundenen 
lie philosophische geben. einfachen Substanzen bestehen und nennt sie ein schön zusammen- 
ns wohl über das Sitten- gesetztes System von Ganzheiten, Auch die Frage nach dem Ursprung 
s unterrichtet, zur Ver- des Übels fehlt nicht und wird durch Hinweis auf die Freiheit und ihren 
Tugend gerecht machen Mißbrauch erledigt, Endlich darf als wesentliches Verdienst des Mannes 
Wunder der Gnade und nicht unerwähnt bleiben, daß er gleich seinen jüngeren Zeitgenossen Galilei 
Gegensatz von Gottes- und Kepler mit Energie der aristotelisch-scholastischen Beseelung der 
ler Lehre von der „zwie- Körperwelt und Vermenschlichung ihrer Kräfte entgegentrat und hierdurch 
3 in der Theologie wahr der in Newton sich vollendenden modernen Naturbetrachtung vorarbeitete. 
ehrt), mildert und beide 
so steht ihm doch der 3. Die italienische Naturphilosophie. 
fest. Gott ist nicht die 
rmation, alles außer ihm Von den Erneuerern und Bekämpfern des Alten wenden wir uns zu 
etzt und kann nicht ohne den Männern, welche, gleichfalls unter Bestreitung der aristotelischen 
nihil est, alias nec esset nec Autorität, dem Naturerkennen neue Bahnen weisen, Als Vorläufer dieser 
sches Sein oder einfache Schule darf der Arzt Hieron. Cardanus aus Mailand (1501—1576) be- 
igkeit, Einheit, Einzigkeit, trachtet werden, dessen phantastische Neigungen durch mathematische 
Wer die Dinge als ewig Bildung zwar nicht unterdrückt, doch gezügelt werden. Während das 
ch gegenüber als unend- Volk die Dogmen der Kirche in unterwürfigem Glauben hinzunehmen 
aber unser Geist ist, der hat, darf und soll der Wissenschäftler alles der Wahrheit hintansetzen. 
auch der Glaube, durch Der Weise gehört zu der seltenen Klasse von Menschen, die weder 
eignet, die freie Wirkung täuschen noch ‚getäuscht werden; die übrigen sind Betrüger oder Be- 
ızu angeboren, nicht von trogene oder beides. In der Naturlehre stellt Cardanus zwei Prinzipien 
jder entferntere Ursache, auf, ein leidendes: die Materie (die drei kalten und feuchten Elemente), 
ubens sich zu bethätigen und ein thätiges, formendes: die Weltseele, die, das All durchdringend 
it sich sodann: die antı- und zur Einheit verknüpfend, als Wärme und Licht erscheint. Ursache 
ist. früher und steht!höher der Bewegung sind Anziehung und Abstoßung, welche in höheren Wesen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.