50 DIE BEGRÜNDUNG DER MODERNEN PHYSIK.
aristotelisch-scholastische Naturphilosophie den Phänomenen beizukommen soHE bis uns
suchte, — substantielle Form, Eigenschaften, qualitative Veränderung — weis nicht bio
werden bei Seite geschoben; an ihre Stelle treten Materie, gesetzmäßig fester Proportic
wirkende Kräfte, Umlagerung der Stoffe. Die Zweckbetrachtung wird als Verwendung de
Vermenschlichung der Naturvorgänge verworfen, als wissenschaftliche den Pythagoree
Erklärung gilt allein die Ableitung aus bewirkenden Ursachen. Größe, tische Verhältn
Gestalt, Zahl, Bewegung und Gesetz sind die einzigen und ausreichenden Gegenstand deı
Erklärungsprinzipien. Denn nur Quantitäten sind erkennbar; wo man nicht ist Alter als die
messen und rechnen, die Kraft nicht mathematisch bestimmen kann, hört sind der Urspri
die strenge, die exakte Wissenschaft auf. Die Natur ein System gesetz- erkannt werden
lich bewegter Massenteile; alles Geschehen mechanische Bewegung, näm- Fähigkeit des
lich Zusammensetzung, Trennung, Verschiebung, Schwingung von Körpern durch die ihm
und Körperchen; die Mathematik das Organon der Naturerkenntnis. nisse, welche v
Diesem Kreise moderner naturwissenschaftlicher Kategorien gliedern sich der Möglichkeit
ferner ein der neue Bewegungsbegriff Galileis und der Begriff des Atoms, Menschen, ihre
der, von Physikern wie Daniel Sennert (1619) u. a. bereits benutzt, sichts beruht auf
durch Gassendi zu allgemeiner Geltung gelangt und die alten vier Elemente Die quantitative
definitiv beseitigt (LASSswıTz, Gesch. der Atomistik, 1890). Noch ein wie ihrer Tragw
anderes demokritisches Lehrstück wird jetzt erneuert: ein deutliches die Ansicht, d:
Symptom der Quantitierung und Mechanisierung des Naturgeschehens Geistes, ja alle:
ist die Lehre von der Subjektivität der sinnlichen Qualitäten, in der, unterbrochen t.
wenn auch mit verschiedener Begründung, Kepler, Galilei, Descartes, ihre eigene Ha
Gassendi und Hobbes übereinstimmen (vergl. das sechste Kapitel in Lehre, daß die
NATorrs Buch über Descartes’ Erkenntnistheorie, Marburg 1882 und und mit wenige
Desselben Analekten zur Gesch. der Philos. in den Philos. Monatsh., Zum Vorläufer
18. Bd., 1882, S. 572 ff). Von Descartes und Hobbes wird später ge- keitsgesetz und
handelt werden. Hier sollen einige Notizen über ihre zeitgenössischen Hypothese und
Mitarbeiter am Werke der mechanischen Naturwissenschaft Platz finden. liches Gebäude
Wir beginnen mit Johann Kepler! (1571—1630, Hauptwerk: sein, sondern a
Neue Astronomie oder Physik des Himmels, in Kommentaren über die deren Befolgun:
Bewegungen des Mars 16009), über dessen astronomischen Verdiensten Vermutung ap
lange Zeit seine Bedeutung als Philosoph übersehen worden ist, obwohl Ursachen zu €
die Entdeckung der Gesetze der Planetenbewegung nur das Ergebnis von darf weder dur
Bemühungen war, welche auf eine exakte Fundierung seiner Weltan- vollkommen Na
schauung abzweckten. Sie ist ästhetischer Natur, hat zum Angelpunkte geistartigen Kr:
den Begriff der allgemeinen Weltharmonie und nimmt zu ihrer Be- Zwischen .
währung die Mathematik in Dienst. Denn daß diese Ansicht das Mitte als Mitb
Gemüt befriedigt und im ganzen und großen dem erfahrungsmäßigen %
Eindruck der Naturordnung entspricht, genügt ihm zur Sicherung ihrer di Aristoteles
Wahrheit nicht; auf exaktem Wege, mittelst Induktion und Experiment, n letztch hielt. ©
nn oder diversum ist
sondern nur verg:
1 Siehe SıGwarT, Kl. Schr. I. S. 182 ff, R. EUCKEN, Beiträge zur Gesch. der „Mehr und Minde:
neueren Philos., S. 54 ff. Proportionen zwis«