Full text: Adolf Bayersdorfers Leben und Schriften

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Ein Kahn noch durchschneidet 
Die dunkelnde Flut; 
Die Sonne verscheidet 
Und sinket und ruht. 
Zn dieser Art zeichnen sich noch viele kleine Landschafts8- 
stücke aus, die freilich jenen Leuten nicht genügen können, 
welche auf je eine Strophe Bild eine Strophe Seele ver- 
langen, die gewohnt sind, auf ein abgeschriebenes Stück Natur 
die gleiche Quantität symbolischer Nußanwendung aufgeklebt 
zu sehen, welche nicht begreifen, daß der Künstler die seelische 
Anregung, welche er von der Natur empfängt, total und 
ungebrochen nach außen widerspiegeln kenn, ohne über den 
Prozeß in seinem Innern reflektiert zu haben. Rembrandts 
meisterhafte kleine Radierungen, die man troß der nichts- 
sagenden Gegenstände, an denen hier die höchste Kunst ge- 
übt ist, für sv außerordentliche Meisterwerke hält, entbehren 
der sogenannten Erfindung und sogar der äußerlichen Treue; 
im höchsten Grade aber besißen sie Wahrheit, nämlich die 
Wahrheit einer allgemein gültigen geistigen Anschauung, wie 
sie bewußt oder unbewußt, rein oder getrübt in jedem Menschen 
lebt. Dort wie hier finden wir, daß ein großes Stilprinzip 
die eigenwillige Erscheinung in ihre äußersten Gänge ge- 
duldig verfolgt und ven Lebensfonds verselben fast ohne Ab- 
fall zu Tage fördert und uns dabei die Gesetze kennen lehrt, 
nach denen eine naiurphilosophische Intuition im Menschen 
wirkt. Was wir in der bildenden Kunst längst als berech- 
tigt anerkannt haben, was uns in Schumanns minutiösen 
Musikstücken bereits nicht mehr auffällt, wollen wir in der 
Poesie nur zögernd anerkennen, obwohl un3 Goethe und 
Heine sc<on manchmal diesen Weg geführt haben. 
Mehr als alle komplizierten, dem Geiste schwer um- 
faßbaren Kunstwerke führen solche einfache Proben von Form- 
erfassung und Gefühlserguß, gleichwie kurze Muster künst- 
lerischen Schaffen8, naiv in der Anschauung, unvermischt in
	        
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