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-=- die Hand aufs Herz, liebes Publikum! -- Du ließest sie
im Kunstverein von heutzutage durchfallen.
NIV
Unmoral zerseßt und tötet eine Kunst; Moral aber,
und wäre es die höchste, kann keine Kunst schaffen. Ein
gesinnungstüchtiges deutsches Bild kann troß seiner Moral
zehnmal schlechter sein als eine französische Scene voll der
ärgsten Zweideutigkeit. In Beranger8 und Heines lockeren
Liedern ste>t gewiß mehr Poesie al8 in den sittlich ernsten
des ehrenfesten Brockes, dessen Gedichte aus lauter Sitte und
Abscheu vor dem Laster bestehen.
NND
Die Gesetze der Darstellungsmittel, besonders die den
Umfang derselben betreffenden, müssen in Einklang gebracht
werden mit den Gesekzen der darzustellenden Erscheinung,
deren äußerste Grenzen leicht außerhalb der Darstellungs-
fähigkeit des Bildungsmaterials fallen können. Der Künstler
ist in einem solchen Falle darauf angewiesen, innerhalb der
Möglichkeit der Nachbildung die Harmonie seines Werkes
mit der möglichsten Treue zu 9ehalten, derart, daß er sein
ganzes Werk in allen Teilen gerade um so viel tiefer oder
höher stimmt als die natürliche Erscheinung, als die äußer-
sten Punkte derselben Abstandsweite von den äußersten Punkten
des Bildungsmaterial8 haben: ein Gesetz, das zum Beispiel
beim Sake von Solis für gewisse Instrumente von geringer
Oktavenspannung sich von selbst ergiebt, bei großen Orchester-
*) Die folgenden vier Aphorismen verraten besonders deutlich
den Cinfluß M. Ungers8, dessen Buch „Das Wesen der Malerei“ (Leip-
zig 1851) für Bayersdorfers Bildung von der größten Bedeutung
gewesen zu sein scheint. 5055.07
Adolph Bayer3dorfer 29
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