Aus einem Brief an Inspektor Eigner vom
Jahr 1868
10.
Auch puncto Aesthetik möchte ich mein Herz ausschütten.
Die hiesigen Maler werden immer philosophischer und specu-
lativer ; die Erscheinungswelt geht sie gar nichts mehr an;
sie sind jetzt bald im Stände die absolute Jdee malen zu
können. Sie zeigen nicht wie die alten Maler an den realen
Dingen die Jdeen, sondern sie stellen die Ideen mit den
realen Dingen dar. Und daS ist das große Grundübel unserer
modernen Kunst.
An John De Soyre3*) in Wien
München, 4. Juli 1868
Mein lieber Freund!
Ich finde, daß Sie auch in Wien schon wieder in der
ruhigen gesetzten regelmäßigen LebenSweise sich bewegen, was
mir bei einem jungen Menschen Ihres Alters unbegreiflich
ist. Um das beneide ich alle Engländer und schreibe es zum
*) Herr John De Soyres, gegenwärtig Pastor in St. John,
New Brunswi>, Canada, studierte Ende der 60er Jahre in München
und wurde, selbst ein geistvoller Mann und feiner Schachspieler, durch
das Schach mit Bayer38dorfer bekannt und befreundet. A. d. H.
t2
-
11