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lehrten, auf der er stand, sondern Natur hatte ihn als ein
höchst vollkommen ausgebildetes geistiges Wesen reif in die
Welt gesezt, ihn auf eine Höhe gehoben, von welcher aus
er sein ganze38 Leben hindurc<h seine Umgebung beherrschte.
Schon in seinen Jugendjahren, als mir selbst das un=-
beschreibliche Glü> zu teil wurde, ihn kennen zu lernen,
ging eine dominierende Wirkung des Geistes von ihm aus,
die aus einem ganz bescheidenen Wesen kam und die von
jedem empfunden wurde, der mit ihm zusammentraf.
Bayers8dorfer war so ganz Geist und eine so starke, sich
selbst ausbildende Natur, daß die äußeren Umstände seines
Lehen8 fast ohne Bedeutung für die Bestimmung seiner
Ausgestaltung erscheinen, und das einzige Ereignis, das ihn
vielleicht sicherer zu deim brachte, wofür er geboren war, zur
Kunst, war seine Verpflanzung aus seiner unterfränkischen
Heimat nach München im Jahre 1853 als 11 jähriger Knabe.
Er ist in dem Dorfe Erlenbach bei Aschaffenburg am
7. Juni 1842 geboren, als der Sohn des k. bayer. Revier-
förster8 Philipp Christian Bayersdorfer und dessen Frau
Barbara, geb. Fecher, und verlor seinen Vater schon in den
ersten LebenSsjahren.
Durch die Wiederverheiratung seiner Mutter mit einem
Steuerbeamten Namens Reber, welcher später nach München
versegt wurde, kam der Verewigte in unsere Stadt und sv
an die Quelle der Kunst.
In seinen ruhigen Lebenslauf griffen zweimal un=-
glüselige Ereignisse ein. Während seiner Knabenzeit in
Unterfranken vollzog sich an seinem jungen OrganiSmus
eine Veränderung von tragischer Bedeutung. Eine schwere
Kinderkrankheit hinterließ eine tief greifende Störung am
Klappenapparat des Herzens*). Von da an war ihm für
*) Die Sektion bestätigte die schon in seiner Jugendzeit gestellte
Diagnose «auf Insuffizienz der Aorta. ES8 fand sich eine starke Ver-
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