Full text: Vorträge, Reden und Schriften sozialpolitischen und verwandten Inhalts (3. Band)

tr Zur Frage der Sonderbesteuerung des Konsum-Vereins, 
Meine Kritik wird etwas scharf ausfallen — das bringen die 
Umstände so mit sich. Deshalb ist es mir besonders erwünscht, 
mich auf Tatsachen berufen zu können, die glaubhaft machen, daß 
meine Stellungnahme völlig frei ist von persönlicher Animosität 
gegen die Vertreter des gegnerischen Standpunktes — daß meine 
Kritik sich also lediglich gegen diesen Standpunkt richtet, nicht 
gegen die beteiligten Personen. Mit vielen von diesen stehe ich 
nämlich auf ganz gutem Fuß, vielen davon bin ich ein guter alter 
Kunde. Denn ich halte darauf, daß in meinem Haushalt alle 
Bedürfnisse, die in der Art, wie ich sie brauche, in Jena im Ver- 
kehr sind, von hiesigen Geschäftsleuten entnommen, nicht in Post- 
paketen aus Leipzig oder Berlin oder sonst woher bezogen werden. 
Und ich habe keine persönliche Sympathie für die Konsumvereine, 
die darauf ausgehen, die Vorteile des Genossenschaftswesens just 
den Wohlhabenden recht dienstbar zu machen. Nicht als ob ich 
etwa diesen das Recht hierzu bestreiten wollte; das Recht gestehe 
ich allen zu. Ich meine aber, daß nicht jeder von jedem beliebigen 
Recht auch jeden beliebigen Gebrauch machen müsse, ohne Rück- 
sicht darauf, wie andere dadurch berührt werden. In dem Inter- 
essenkampf, den die fortschreitende Umgestaltung der Wirtschafts- 
tätigkeit und der Wirtschaftsformen mit sich bringt, sollten meiner 
Meinung nach gerade die besser situierten Kreise Teilnahme be- 
kunden für die Lage solcher Erwerbsgruppen, die dabei zwischen 
Hammer und Amboß geraten sind, und sollten, unter freiwilligem 
Verzicht auf manche Vorteile, lieber mildernd und ausgleichend zu 
wirken suchen, statt zur Verschärfung der Schwierigkeiten beizu- 
tragen. 
Für den vorliegenden Fall ist indes die Stellungnahme durch 
ganz andere Rücksichten gegeben. Denn es handelt sich um den 
Versuch, die Gemeinde zu einseitiger Parteinahme in dem Inter- 
essenstreit zwischen verschiedenen Gruppen der Gemeindeange- 
hörigen zu verleiten — um die Absicht, die Machtmittel der 
Gemeinde in Bewegung zu setzen‘ zugunsten der einen Gruppe 
gegen die andere, und zwar zugunsten des stärkeren Teils, auf 
Kosten des schwächeren Teils. Der Konsumverein, der in Jena 
dem Kleinhandel Abbruch tut, ist keine Veranstaltung der Wohl- 
habenden; er dient ausschließlich den Interessen der kleinen Leute. 
Und wie wenig die Angehörigen der Kramerinnung und der ihr 
nahestehenden Erwerbskreise auf Rosen gebettet sein mögen — 
so viel ist sicher, daß ihre wirtschaftliche Position im Durchschnitt 
x
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.