B. Das Recht der Schuldverhältnisse. VII. Der Dienstvertrag. 49
Gewerbeordnung, dem Handelsgesetzbuche usf. Aber dem bürgerlichen
Gesetzbuche fiel die Aufgabe zu, das allgemeine, für alle Arbeits-
verhältnisse geeignete, in das Sonderrecht der einzelnen Arbeitsverträge
ergänzend eingreifende Recht zu schaffen. Das ist die Bedeutung der
Rechtssätze des bürgerlichen Gesetzbuchs vom Dienstvertrage. Sie stellen
den großen Rahmen dar, in den das Sonderrecht aller einzelnen Dienst-
verträge sich einfügt, durch den zugleich Ziel und Richtung für eine
soziale Gestaltung des Arbeitsrechts gegeben ist.
Die Aufgabe ist vom bürgerlichen Gesetzbuche gelöst worden. Der
Dienstverpflichtete ist in der Regel der abhängige, schwächere Teil.
Darum ist naturgemäß die Mehrzahl der Vorschriften des bürgerlichen
Gesetzbuchs zum Schutze des Dienstverpflichteten bestimmt, zum Schutze
seines Anspruchs auf die Vergütung und zum Schutze seiner Person.
Die Vergütung ist im Zweifel erst nach Leistung der Dienste, also Recht auf die
postnumerando zu entrichten. Kommt aber der Dienstberechtigte mit V°sütuns.
Annahme der Dienste in Verzug, sei es schuldhafterweise (der auf Unter-
richt Berechtigte versäumt z. B. willkürlich den Unterricht), oder ohne
Schuld. (das Fabrikgebäude ist z. B. abgebrannt und der Fabrikant außer-
stande, seine Arbeiter zu beschäftigen), so kann der Dienstverpflichtete
doch die vereinbarte Vergütung verlangen, wenngleich er sich dasjenige
anrechnen lassen muß, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung
erspart hat oder anderweitig durch Arbeit zu erwerben böswillig unter-
läßt. Auch dadurch wird der Dienstverpflichtete des Vergütungsanspruchs
nicht verlustig, daß er für eine verhältnismäßig kurze Zeit unverschuldeter-
weise seinerseits an der Dienstleistung verhindert ist (Gelder aus der
gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung muß er sich aber an-
rechnen lassen).
Dem Schutz der Person des Dienstverpflichteten dienen die Vor- Fürsorgepfückt
schriften des bürgerlichen Gesetzbuchs über die sog. Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
des Dienstherrn. Dem in die häusliche Gemeinschaft Aufgenommenen,
dessen Erwerbstätigkeit durch das Dienstverhältnis dauernd und voll-
ständig oder doch hauptsächlich in Anspruch genommen ist, hat der
Dienstherr im Falle der Erkrankung Verpflegung und ärztliche Behand-
lung sechs Wochen lang zu gewähren, es sei denn, daß das Dienst-
verhältnis (z. B. infolge gesetzlich zulässiger Kündigung) früher endigt.
Der Dienstherr hat ferner dem in die häusliche Gemeinschaft Auf-
genommenen Wohn- und Schlafraum, Verpflegung, Erholungszeit in der
Art zu gewähren, wie die Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit
und die Religion des Dienstverpflichteten es erfordert. In jedem Dienst-
verhältnis hat der Dienstherr die Räume, Vorrichtungen, Gerätschaften,
überhaupt die Leistung der Dienste so einzurichten, daß der Dienst-
verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit als möglich
geschützt ist. Bei Verletzung der Fürsorgepflicht muß der Dienstberechtigte
vollen Schadensersatz leisten. Die Vorschriften über die Fürsorgepflicht
DIE KULTUR DER GEGENWART. II. 8.