A. Begriff und Grenzen der Justiz und der Verwaltung. I. Die Justiz. 339
von der Verwaltung, damit aber auch die Selbständigkeit der Verwaltung
gegenüber der Justiz; endlich die Unterstellung nicht nur der Gerichte,
sondern auch der Verwaltung unter das Gesetz, derart, daß die Verwaltung
nicht nur nach Zweckmäßigkeitsrücksichten, sondern nach solchen inner-
halb der Schranken des Gesetzes zu führen ist.
A. Begriff und Grenzen der Justiz und der Verwaltung.
I. Die Justiz. „Justiz“ ist nach dem heutigen Stande der Dinge in Ihr Wesen.
Deutschland nicht dasselbe wie „Rechtspflege“, sondern etwas anderes;
teils weniger, teils mehr. Rechtspflege (das Wort „Rechtsprechung“ be-
deutet das gleiche) ist, der Name sagt es, alle auf „Pflege“, d. h. auf Er-
haltung des objektiven Rechtes und der subjektiven Rechte zielende Tätigkeit
ohne Einschränkung auf bestimmte Gebiete des Rechtes (Privat-, Straf-,
Staatsrecht) oder bestimmte Arten von Rechten. Rechtspflege ist es,
wenn der deutsche Bundesrat einen Streit zwischen KEinzelstaaten oder
zwischen Einzelstaat und Reich entscheidet, wenn die Reichslegislative
auf Grund von Art. 76 Abs. 2 R.-Verf. einen Verfassungskonflikt zwischen
Krone und Landtag im KEinzelstaat erledigt, wenn die zuständige Behörde
(Gerichtsverfass.-Ges. $ 17) einen Zuständigkeitsstreit zwischen Justiz und
Verwaltung (Kompetenzkonflikt) schlichtet. Das alles ist Rechtspflege,
wiewohl es sich überall nicht um Privatrechtsstreitigkeiten und in den
beiden letzten Fällen nicht um Beschützung subjektiver Rechte, sondern
um Klarstellung des objektiven Rechtes, um den Schutz der Rechts-
ordnung als solcher, handelt, Justiz aber ist all das nicht. Justiz ist
auch nicht der Rechtsprechungsakt, durch welchen ein Beamter mit einer
Disziplinarstrafe belegt wird, nicht die Kognition der höheren Verwaltungs-
behörde über die Legalität der Verfügung einer ihr unterstellten Behörde,
nicht die Entscheidung des Finanzministeriums über die Berechtigung einer
Steuerreklamation. Denn auch hier ist überall nicht der in Aktion getreten,
dessen Tätigkeit im System unserer Gewaltenteilung und nach der darauf
gegründeten Sprechweise der Gesetze und der Wissenschaft allein Justiz
ist und Justiz heißt: der ordentliche Richter. Justiz ist Zuständigkeit
und Tätigkeit der ordentlichen Gerichte. Der Begriff würde sich mit
dem der Rechtspflege nur dann decken, wenn diese den ordentlichen
Gerichten in ihrem vollen Umfange und wenn außer ihr den ordentlichen
Gerichten nichts übertragen wäre. In Deutschland liegt die Sache aber
nicht so. Die Rechtspflege ist den ordentlichen Gerichten, wie bereits
die vorhin angeführten Beispiele zur Genüge zeigen, nicht ausschließlich
übertragen: auf weiten und breiten Gebieten der Rechtsordnung ist von
einer Kompetenz der ordentlichen Gerichte keine Rede. Nicht jede
Rechtspflegesache ist eine Justizsache. Und andererseits: es gibt Justiz-
sachen, die materiell gewertet, keine Rechtspflegeakte sind. Die deutsche
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