Full text: Systematische Rechtswissenschaft (Teil 2, [Häflte 2], Abteilung 8)

C. Kompetenzkonflikte. I. Begriff des Kompetenzkonfl. II. Behandl. der Kompetenzkonfl. 383 
Andere, mit den Kompetenzkonflikten nicht zu verwechselnde Zuständig- 
keitsstreite sind diejenigen, welche sich innerhalb der Justiz oder der Ver- 
waltung, also nicht zwischen Gerichten und Verwaltungsorganen, sondern 
zwischen Gerichten untereinander oder zwischen Verwaltungsorganen unter- 
einander abspielen. Solche Kontroversen (franz. conflits de juridiction) 
werden von dem den streitenden Stellen zunächst vorgesetzten Gericht 
bzw. Verwaltungsorgan entschieden (über den Fall streitender Gerichte vgl. 
Zivilprozeßordnung $ 37, Strafprozeßordnung $ 14). 
Kompetenzkonflikte sind nur möglich, soweit Justiz und Verwaltung‘ Kompetenz- 
organisch getrennt sind. Aber auch bei durchgeführter Gewaltentrennung men De 
kann die Gesetzgebung dem möglichen und erfahrungsgemäß nicht seltenen Souveränetät der 
Falle des Kompetenzzweifels gegenüber sich auf den Standpunkt stellen, daß Sa 
solche Zweifelsfragen überall von den Gerichten, und zwar im gewöhn- 
lichen Verfahren und Instanzenzuge zu entscheiden seien. Es fehlt alsdann 
an einem besonderen Richter über die Kompetenzfragen zwischen Justiz 
und Verwaltung: der ordentliche Richter, also das Prozeßgericht hat 
seine Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen und wahrzunehmen, er hat 
über ihr Vorhandensein oder Nichtvorhandensein maßgebend auch im 
Streitfalle zu befinden, sei es, daß der Streit von der beklagten Prozeß- 
partei durch die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs, sei es, daß 
er von einer Verwaltungsbehörde erhoben wird. Es ist deutlich, daß es 
nach dem vorbezeichneten System Kompetenzkonflikte im spezifischen 
Sinne gar nicht gibt: der Konflikt wird nicht anders behandelt und er- 
ledigt, wie jeder Zwischenstreit über das Dasein der Prozeßvoraussetzungen. 
Dieses System gilt in England; das Institut der Kompetenzkonflikte ist dort 
sowohl dem Namen wie der Sache nach unbekannt. Ihm entspricht aber 
bemerkenswerterweise auch das deutsche Reichsrecht, indem das Gerichts- 
verfassungsgesetz vom 27. Januar 1877, $ ı7 das Prinzip aufstellt: die 
Gerichte entscheiden über die Zulässigkeit des Rechtswegs. Doch gilt 
dieser Satz, abweichend von dem Regelverhältnis des Reichsrechts zum 
Landesrechte, nur aushilfsweise; er kann durch andersartige, sogleich zu 
besprechende Normen des Landesrechts verdrängt werden, und eine solche 
Verdrängung hat im größten Teile Deutschlands stattgefunden. 
Von dem Dasein des Kompetenzkonflikts als eines spezifisch gestalteten 
Rechtsinstituts darf füglich nur da geredet werden, wo die Kompetenz- 
frage von dem mit der Sache befaßten Gericht (dem Prozeßgericht) abgerufen 
und der Entscheidung einer anderen, besonderen Instanz unterbreitet werden 
kann oder muß. 
Il. Behandlung der Kompetenzkonflikte. In bezug auf Auswahl und Entscheidung 
Konstruktion dieser besonderen Instanz bestehen sehr verschiedene Systeme. U 
Selten (nur in einigen Schweizer Kantonen) findet sich‘ die Übertragung verschiedene 
des Richteramtes über den Streit der richterlichen und vollziehenden Gewalt Systeme 
an die dritte Gewalt: die Legislative und den Träger der Legislative.
	        
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