B. Kulturpflege. IX. Die Volkswirtschaftspflege. 425
Maße annähern, als es bisher möglich gewesen ist, wobei hier die Frage
ganz außer Spiel bleiben möge, ob die Monarchie als „soziales Königtum“
diesen Prozeß führend und leitend befördern und sich selbst dadurch retten
wird, oder nicht.
Das 20. Jahrhundert wird ohne Zweifel Familie und Eigentum, diese
Fundamente der Kultur aller Zeiten, nicht zerstören, wie die Sozialdemokratie
es für unerläßlich erachtet, sondern reformieren und vor allem das Prole-
tariat in höherem Maße, als es bisher geschehen, an ihren Gütern teil
nehmen lassen. Es wird unzweifelhaft die Lebenshaltung des Arbeiters in
erheblicher Weise erhöhen, die Kinderarbeit durch Kindererziehung ersetzen,
die Mutter der Familie zurückgeben, es wird durch bessere Erziehung der
weiblichen Jugend und energische Organisation der Arbeitsvermittelung die
Prostitution sehr zurückdrängen. Bei diesen keineswegs utopistischen Zielen
„möge der Gedanke ausruhen“. Er darf es. Denn mit ihnen wird der Staat,
im Vollbesitze jener Macht und jener wirtschaftlichen und geistigen Kräfte
verbleibend und sie täglich vermehrend, die er der antiken Kultur ver-
dankt, sich um ein kleines, freilich sehr kleines Stückchen angenähert
haben jenem uns ebenso unerreichbaren als unverlierbaren christlichen
Humanitätsideal, welches den Bereich der europäischen Kultur so sehr
von der Kultur des Judentums, des Islams und der übrigen asiatischen Kultur-
kreise unterscheidet. Jenem Ideal, das uns in jedem Menschen ohne
Ausnahme den gleichen Wert und die gleiche Würde erkennen und
ehren heißt.